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Freitag, April 15, 2005

Über 26 Jahre

Ich bin mit Papst Johannes Paul einen weiten Weg gegangen. Als einer, der zur Generation Post-Vaticanum II zählt, kann ich mich an das Dreipäpstejahr 1978 noch gut erinnern. An die Überraschung seiner Wahl, an die zunächst verhaltene, dann wachsende Begeisterung der ersten Jahre, als dieser Papst begann, einiges anders zu machen als seine Vorgänger.

Ich war Kommunionkind, Messdiener, Gruppenleiter, in der Jugendarbeit engagiert - immer hing irgendwo sein Portrait an der Wand. Doch mit den Jahren wuchs der Abstand, nahm ich die Kritik an ihm wahr und machte sie Stück für Stück zu meiner eigenen. Die 80er Jahre waren eine bleierne Zeit: Kohl regierte das Land, der Kalte Krieg bedrohte uns - zwei Kilometer vor der innerdeutschen Grenze - in unmittelbarer Nähe.

Dass der Papst mit seinen Besuchen in Polen schon dem morschen Baum des Ostblocks einen entscheidenden Stoß versetzt hatte, begriffen wir damals nicht. Mitte des Jahrzehnts hatte ich (damals noch junge) Lehrer, die nicht damit rechneten, dass sie den Fall der Mauer noch selbst erleben würden. Johannes Paul II. blieb fern und wurde mir immer fremder.

Auch in der Kirche gab es vor zwanzig Jahren schon apokalyptische Untergangsszenarien: Ein Religionslehrer, Pfarrer und eher konservativ zumal, trug seinen Schülern mitten in einer katholischen Hochburg ungerührt seine Vision einer Kirche der kleinen Herde vor. Und ihn schienen all jene, die auf dem Wege dahin noch verloren gehen sollten, nicht besonders zu kümmern.

Als Jugendliche in der Kirche fragten wir uns, wie das alles weitergehen sollte. Der Papst interessierte damals kaum, höchstens als Schreckgespenst aus einer anderen Welt, die mit der unsrigen wenig zu tun hatte. Als jemand, der uns wenig zu sagen hatte. Oder vielmehr: Der nicht das sagte, was wir hören wollten.

Als 1989 - ich hatte gerade Abitur gemacht - der eiserne Vorhang fiel, war vom Dazutun Johannes Pauls praktisch keine Rede. Es begann eine Zeit rasanter Veränderungen, des Verlusts alter Gewissheiten. Immer noch regierte Kohl und schien so ziemlich alles falsch zu machen, was falsch zu machen war.

In den Jahren des Studiums dann wurde mir die Kirche immer fremder. Andere Themen drängten sich in den Vordergrund. Der Papst war Gegenstand anhaltender Kritik in Publik-Forum, dessen Abonnent ich seit 1989 war, bis heute bin und auch durch jene Jahre eines alltagspraktischen Atheismus blieb.

Erst gegen Ende des vergangenen Jahrzehnts - ich hatte inzwischen den ersten Sohn und wieder lose Kontakte zum Glauben geknüpft - wuchs mit der fortschreitenden Krankheit des Pontifex mein Respekt vor seiner Leistung. Erst in den letzten beiden Jahren (dieses Notizbuch gibt einige Anhaltspunkte) bin ich wieder zum Glauben zurückgekehrt.

Und erst in dieser Zeit fange ich an, das eine oder andere zu begreifen. (Vielleicht sollte ich Publik-Forum abbestellen?)

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3 Comments:

At 4/15/2005 11:32:00 PM, Anonymous Anonym said...

Ich las Publik-Forum häufig in der Kath. Hochschulgemeinde Düsseldorf, wo ich mehrere Jahre wohnte. Doch je mehr ich die Kirche verstand, desto weniger interessant wurde diese Zeitschrift - zu eng, zu soziologisch, überhaupt nicht heilsbedacht.
Gegen Ende war es nur ein "was denken denn die anderen so" bei der Lektüre - bis es mich komplett langweilte wg. ständiger Wiederholung und des Feigenblatt-Daseins für Drewermänner und Küngs.

 
At 4/15/2005 11:33:00 PM, Anonymous Anonym said...

Ach so, das eben stammt von mir, Ralf.

 
At 4/16/2005 11:38:00 PM, Blogger mr94 said...

Ich habe ja ein Nachbarfach der Soziologie studiert, insofern passt das. Mir fällt die Trennung von Publik-Forum deshalb nicht leicht, weil es mich über eine lange Zeit hinweg begleitet hat - auch die Zeit der Glaubensferne. Das Blatt ist allerdings tatsächlich ein Generationenprojekt, und zwar ein Projekt der Generation Vaticanum II, die langsam alt wird. Mir fehlt noch eine Zeitschrift, die ich stattdessen abonnieren könnte. Falls jemand eine Idee hat...

 

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