Die Anthropologie (oder vielmehr die Frage nach dem Menschenbild) halte ich für eine der spannendsten Fragen, der wir uns heute stellen müssen. Letztlich lassen sich viele umstrittene Punkte auf Differenzen in der Anthropologie zurückführen.
Weswegen ich auch den Ansatz Rahners interessant finde. Er stellt (im Grundkurs des Glaubens) genau die Frage an den Anfang, welche Grundannahmen das Christentum über den Menschen macht und machen muss, um sich überhaupt verständlich machen zu können. Gerade diese Grundannahmen sind es, die heute nicht mehr selbstverständlich sind.
Und an dieser Stelle läuft auch die Katechese gern gegen die Wand, weil weder Katecheten noch Katechumenen (oder anderen Sakramentsbewerbern) klar ist, dass das christliche Menschenbild nicht mehr so recht mit dem common sense übereinstimmt. Vom common sense her gesehen werden aber viele Aussagen der frohen Botschaft bestenfalls unverständlich.
Die Herausforderung für die Theologie ist, nicht einfach per Abspaltung sozusagen zwei Sphären zu schaffen, Wissenschaft vom Menschen (=Anthropologie) und vom Glauben (=Theologie) voneinander zu trennen, sondern aufeinander zu beziehen. Es reicht nicht aus, schlicht jegliche auf den ersten Blick unvereinbare Erkenntnis oder These am Prüfstein des Dogma zerschellen zu lassen. Das wäre zu einfach.
Ein paar Schlagworte sind Theozentrismus, Anthropozentrismus - und die jedenfalls mich überraschende These, Johannes Paul II. vertrete einen Christozentrismus, wenn man so will als Synthese aus den beiden Ismen.
Ganz offensichtlich ist, dass Rahner nicht auf der Höhe der Zeit ist. (Wie sollte er auch? Er ist seit zwanzig Jahren tot.) In seinen anthropologischen Thesen scheint mir auch deutlich der Einfluss von Martin Heidegger erkennbar zu sein, dessen Schüler Rahner war. Und Heidegger ist nun ein Kapitel für sich.
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