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Dienstag, April 12, 2005

Ende der Religionskritik

Heftig. Auch in der zweiten Woche der Sedisvakanz reißen Würdigungen und Reflexionen nicht ab. Im FAZ-Feuilleton befassen sich heute, wenn ich richtig gezählt habe, gleich drei Artikel mit den Konsequenzen des päpstlichen Ablebens. So schreibt der Tübinger Ethnologe Thomas Hauschild ("Magie und Macht in Italien") mit Blick auf das Requiem am vergangenen Freitag:
"Daß mit diesem Fest des Glaubens das Zeitalter des mit Hilfe von Johannes Paul II. liquidierten diktatorischen 'real existierenden Sozialismus' endet, kann man nicht genug betonen. Aber auch die anhängenden vulgärmaterialistischen und politischen Interpretationen von Religion als mummenschanzhafte 'Performanz', als bloßes Schauspiel oder Teil der Unterhaltungsindustrie müssen nun dringend überdacht werden. Mit dem Begräbnis von Johannes Paul II. endet ein langes Zeitalter der Religionskritik, die wie selbstverständlich von der fortschreitenden Säkularisierung der Welt ausging."
Und wieder kommen Paradoxien ins Spiel, um das Phänomen Religion zu beschreiben:
"Dabei sind sich auch viele der Kirchenkunstfans und Kerzenanzünder unter den nichtchristlichen und evangelischen Gebildeten darin einig, daß eine Kirche, die zu viele alte Formen und die darin verkörperte Begünstigung des Lebens an und für sich aufgibt, eigentlich nicht mehr wert ist zu existieren.

In dieser paradoxen Anziehung liegt die Essenz, liegt die Aktualität des Papsttums. Es geht um das Leben selbst, vorbei am Anti-Essentialismus deutscher Akademiker. So besehen gehört der zur Dauerbesessenheit in Christo gewendete Schamanismus dieser orientalischen Religion zu den Schicksalsmächten jeder Weltgesellschaft, wie das Geld, die Familie, das Militär und die Begeisterung für Technologien. In einem Atemzug muß man dann aber auch die hemmenden Kräfte nennen, bürokratische Indifferenz gegen den einzelnen Menschen, Naturkatastrophen, Hemmnisse und Mängel an Energiereserven etwa - und dann ist man an dem Punkt, an dem der Oberste Brückenbauer die Welt im Lot zu halten versucht, wieder und wieder."


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