Werner Bergengruen
Noch ein Konvertit: Der Schriftsteller Werner Bergengruen bekehrte sich 1936 zum katholischen Glauben. Ein Jahr später wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen. Der Deutschlandfunk rezensierte heute in der Sendung Politische Literatur das in diesem Jahr erschienene Buch Schriftstellerexistenz in der Diktatur. Der Text ist noch nicht online. Einstweilen können wir auf eine Rezension in der Welt zurückgreifen.
Nachtrag: Inzwischen ist die Rezension beim DLF nachzulesen. Auszug:
Bergengruen legt hier Rechenschaft ab über sein Tun und Denken zwischen 1933 und 1945. Aber vor allen Dingen ist sein Kompendium eine intellektuelle Positionsbestimmung vor und nach 1945. Er verortet sich außerhalb des NS-Regimes und außerhalb der NS-hörigen Literaturszene. Und von diesem Standort strikter Distanz aus liefert er erstaunliche Innenansichten. Dazu gehört seine Auseinandersetzung mit dem Nationalgefühl der Deutschen, das - wie er schreibt - "niemals in der Balance" gewesen sei: spätestens seit 1918 immer hin und her gerissen zwischen "würdeloser Verleugnung" und "überhitzter Gewaltsamkeit", immer weitaus mehr der Heimat und dem Stamm ergeben als dem Staat. Im Bürgertum, und hier besonders im protestantischen Bürgertum, und seiner zur Schau gestellten Wohlanständigkeit sieht der 1936 zum Katholizismus konvertierte Bergengruen die Gesinnungslosigkeit wüten und den Urgrund für "alle Scheußlichkeiten des Dritten Reiches". Über den Grund der Anziehungskraft des Nationalsozialismus auf die breite Masse notierte er 1945 eine Einschätzung, die durch die Debatte um Götz Alys Buch "Hitlers Volksstaat" derzeit etwas aus dem Blick geraten ist:Der Nationalsozialismus appellierte an den uralten Kinderwunsch der Menschen, die komplexe Vieldeutigkeit des Daseins, der sie sich nicht gewachsen fühlen, gelöst und alle Erscheinungen reinlich in Gut und Böse aufgehälftet zu sehen. Er gab einem jeden mit Ausnahme der schon durch Geburt verdammten Andersrassigen die Möglichkeit, sich bei dieser Aufhälftung auf die Seite des Guten zu stellen. Das heißt, er speiste ihn mit moralischer Genugtuung, an denen gemessen die verheißenen materiellen Vorteile vielleicht gering waren.
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