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Montag, Mai 02, 2005

Rushdie

Momentan befinde ich mich, verursacht durch die Lektüre meiner jüngsten Neuerwerbung, im Ratzinger-Modus. Da kommt mir Salman Rushdie gerade recht. Aus einem Interview mit der Welt ("Ich fürchte die Macht des Glaubens"):
"Die Welt: Was bedeutet Ihnen Religion?

Rushdie: Für mich als Person war Religion nie wichtig. Ich habe wirklich Angst vor der Macht des Glaubens heutzutage. Keine Angst um meiner selbst willen, sondern weil ich glaube, daß dies schlecht für die Gesellschaft ist. Meiner Meinung nach kann die Religion die Fragestellungen der modernen Welt nicht beantworten. Wir brauchen subtile, schnelle und flexible Antworten in dieser Welt, die sich so rapid verändert wie noch nie zuvor. Die Religionen behaupten von sich natürlich, sie seien eine rein persönliche, innere Angelegenheit. Das ist jedoch falsch. Die Sturheit zu sagen, 'so ist etwas und es ist auch schon immer so gewesen und es wird auch in Zukunft so sein' ist nicht die angemessene Art, die Welt von heute zu betrachten."

Die Religionen behaupten natürlich nicht, eine rein persönliche, innere Angelegenheit zu sein. Ganz im Gegenteil - diese Zuschreibung ist erst ein Resultat der Säkularisierung und des Protestantismus. Dass sie falsch ist, erkennt Rushdie scharfsichtig. Die Frage ist: Gibt es eine unveräußerliche Menschenwürde oder gibt es sie nicht? Rushdie scheint das Beharren darauf als Sturheit abbuchen zu wollen. (Das wird übrigens auch an seiner Bewertung des Lebensendes von Theresa Schiavo deutlich.) Ich neige eher der Ansicht Ratzingers zu, der die großen Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts auch in Relativierung und Veräußerung von Menschenwürde und Menschenrechten wurzeln sieht.