Sprachlosigkeit und Redeüberfluss
Erich bezweifelt meine Diagnose. Oder vielmehr: Er rundet sie ab und rückt sie ins rechte Licht.
Sind seine zentralen Begriffe tatsächlich sprachlich so sperrig, inhaltlich so unsagbar schwierig, dass sie nahezu unvermittelbar sind?Nein, sind sie nicht, da hat Erich völlig recht. Sie sind aber vielen heutigen Zeitgenossen nicht mehr bekannt, werden falsch oder gar nicht verstanden.
Am Beispiel des Begriffs Sünde: Sein Sinngehalt ist recht einfach. Aber warum weisen viele Menschen schon den doch völlig auf der Hand liegenden Gedanken zurück, dass sie nicht ihren (selbst gewählten) Maßstäben gerecht werden? Vermutlich, weil sie letztlich sich selbst an die Stelle Gottes gesetzt haben. Der Atheismus ist insofern nicht so neutral, wie er sich gerne gibt. Denn offensichtlich gelingt es nicht, die Stelle Gottes einfach leer zu lassen. Irgendwer oder irgendwas (und sei es die Vernunft) besetzt diese Position.
4 Comments:
Bei vielen Begriffen des Christentums (wie "Sünde) geht es wirklich darum, dass die säkulare Gesellschaft einfach nicht einmal mehr die Idee dahinter wahrhaben/akzeptieren will.
Bei anderen wiederum geht es - durch dauernde fahrlässige Verwendung im falschen Kontext bzw. in der falschen Bedeutung, v. a. in den Medien - einfach darum, dass die Leute wirklich nicht mehr wissen, was es bedeutet (siehe etwa das deutsche Wort "Fegefeuer", das bei Zeitungsredakteuren offenbar unmittelbar die Assoziation "Hölle" entstehen lässt).
Es geht also nicht - wie Erich meint -, darum, dass in der Theologie nicht genug über diese Begriffe gesagt wurde, sondern darum, dass in der säkularen Gesellschaft bzw. in den Medien diese Begriffe bzw. ihr gedanklicher Kontext gar nicht mehr verstanden wird.
Wir müssen ja gar nicht einmal bis zur säkularen Gesellschaft gehen: das sehen wir ja schon etwa beim völligen Missverstehen des katholischen Begriffs "Kirche" im protestantischen Kontext... ;-)
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Ich glaube, aus den anderen Diskussionen ist vielleicht ein bisschen klarer geworden, was ich damit meine: nämlich genau das, was Du sagst: der Begriff "Kirche" kann unterschiedlich verstanden werden. Die katholische (und die orthodoxe) Kirche verstehen sie als eine göttliche Institution, der die Apostolische Sukzession (eine kontinuierliche Weitergabe des Weihesakramentes der Bischöfe, die bis auf die Apostel zurückgeht) eine Struktur gibt. Andere verstehen sie wieder als eine Gemeinschaft der Gläubigen, die keiner äußerer Struktur bedarf. Andere verstehen sie wieder als administrative Organisation, die dem Glaubensleben ein Gerüst gibt, aber in sich selbst nicht göttlich institutionalisiert ist. Andere verstehen wieder was ganz anderes darunter.
Mit dem Missverstehen habe ich lediglich gemeint, dass meiner Ansicht nach im ökumenischen Dialog diese Verständnisunterschiede zu wenig reflektiert werden.
Das Problem der katholischen Kirche ist natürlich, dass sie sich von der Apostolischen Tradition her als göttlich eingesetzte Institution ("Du bist Petrus...") begreift. Wenn sie diesen Anspruch aufgibt, kann sie zusperren ("äh, wir haben uns geirrt, Christus wollte gar nichts wirklich 'gründen', schon gar keine Kirche als Organisation - es hat ihm schon gereicht, dass die Leute an ihn glauben und sich dann eben 'Kirche' nennen..."). Wenn sie auf aber diesen Anspruch besteht, wird ihr vorgeworfen, nicht dialogfähig zu sein. Eine schwierige Situation...
Ein weiterer Kommentar von mir dazu... ;-)
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