Axiomatisch
Philipp antwortet auf die zweite ökumenische Frage von Ralf:
"'Sola scriptura' war als Axiom gemeint und ein Axiom braucht keinen Beweis. Es war die Arbeitsgrundlage, um die Entwicklung der Lehre hinterfragen zu können."Guter Punkt. Demnach wären sola scriptura, sola fide, sola gratia und solo Christo die Axiome des Protestantismus oder vielmehr der Reformation?
Was ist denn mit den Glaubensbekenntnissen? Müssen, dürfen oder sollen die dann auch unter diesen Axiomen interpretiert werden? (Das scheint mir zum Beispiel in Matthias' Argumentationsweise der Fall zu sein.)
16 Comments:
Nein, das bezieht sich nur auf "sola scriptura". Das andere sind theologische Ableitungen, über die dann entsprechend zu streiten wäre (aber bitte nicht mit mir!).
Die Begründungen und Gegenargumente (inner- und außerbiblisch) sind m.E. hinreichend ausgetauscht.
Gut, aber damit ist das Thema eigentlich erledigt. Wir hatten ja bereits gesehen, dass sich dieses Axiom nicht halten lässt, weil sich weder die Schrift von der Tradition trennen noch die Schrift ohne die Tradition verstehen lässt. (Das gesteht ja Matthias zu, und Du wohl auch.)
Damit wäre das Axiom der protestantischen Theologie hinfällig, und damit sie selbst und alles, was auf ihr aufbaut.
Cool. (Aber so hast Du das wahrscheinlich doch nicht gemeint, oder?)
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Klar, Matthias, das ist jetzt gut lutherisch von Dir ("Hier stehe ich, ich kann nicht anders."). Aber hattest Du Dich nicht zuerst als Christ und konfessionell zwar verwurzelt, aber nicht gebunden bezeichnet?
Außerdem lenkst Du mit Deiner Gegenattacke vom Thema ab. Ist das Axiom jetzt haltbar oder nicht?
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"Die Glaubensbekenntnisse sind in kondensierter Form die aus der Schrift abgeleiteten Glaubensgrundsätze"
Hmmm... Arius hätte Dir vermutlich bezüglich des Glaubensbekenntnisses von Nizäa eindeutig widersprochen... :-)
Die Christologie war ja jahrhundertelang eines der umstrittensten Felder der Theologie. Natürlich sieht man aus heutiger Sicht in der Schrift angelegt, dass Christus "consubstantialis Patri" und "genitus, non factus" ist. Eines der eindeutigsten Texte der Schrift dazu - nämlich der Prolog des Johannesevangeliums - war allerdings ein gutes Beispiel von Diskussionen über den Text selbst: da es ja damals noch keine Satzzeichen gab, konnte der Text mit entsprechender Betonung auch so verstanden werden, dass das Wort nicht Gott war. (Augustinus erwähnt die "häretische Auslegung" dieser Passage in De doctrina christiana als ein Beispiel für zweideutige Stellen in der Heiligen Schrift.)
"Die Glaubensbekenntnisse sind in kondensierter Form die aus der Schrift abgeleiteten Glaubensgrundsätze, anküpfend an das Axiom 'sola scriptura', dessen Verständnis ich in meinem Kommentar erläutert habe."
Sorry, aber jetzt wird es echt obskur: Die Glaubensbekenntnisse sind zu einer Zeit entstanden, als von sola scriptura weit und breit noch nichts zu sehen war...
Dieses Axiom war seinerzeit (1517ff.) ein radikaler Bruch mit dem vorherigen Verständnis, was entsprechende Folgen für Kirche, Glauben und Theologie hatte.
Jetzt kommst Du und sagst: Nein, das war kein Bruch, sondern nur eine Verdeutlichung dessen, was immer schon da war oder wenigstens sein sollte. Ich meine aber, dass Du damit sowohl Luther als auch die Tradition einer Uminterpretation unterziehst (zum Zwecke ihrer Versöhnung, klar - die gute Absicht sehe ich).
Kann man ein Axiom so uminterpretieren wie Du es hier tust, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen? In der Mathematik geht das jedenfalls nicht. Aber gut, hier ist Theologie.
(Und spar Dir bitte Deine Attacken ad hominem.)
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"aus der Schrift abgeleitete Glaubensgrundsätze"
"Das Axiom ist nicht hinfällig, wenn man die Tradition mit hinzunimmt, die zum Kanon der Bibel geführt hat"
Also mit einem Wort: Die Glaubensbekenntnisse sind aus der Apostolischen Tradition ("Denn als erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe" - 1 Kor 15,3) abgeleitete Glaubensgrundsätze. Und die einzelnen Sätze sind - um dieses hässliche Wort zu gebrauchen - Dogmen: sie bilden die Umrahmung/Abgrenzung dessen, was christlich ist.
"Das Axiom ist nicht hinfällig, wenn man die Tradition mit hinzunimmt, die zum Kanon der Bibel geführt hat. Aber eben nur genau diese, und keine zusätzlichen, nachträglich gewachsenen Traditionen (welche per se ja gar nicht schlecht oder verwerflich sein müssen)."
Du meinst, mit dem Abschluss der Kanonisierung habe die Tradition quasi abdanken müssen zugunsten der Schrift, die sie selbst hervorgebracht hatte?
Wie willst Du dann sicherstellen, dass die Schrift richtig verstanden werden kann, wenn sich die Tradition ihr unterordnen muss?
Ja, das Axiom wurde in seiner Absolutheit aufgegeben, d.h. relativiert.
Ja, damit muß alles darauf aufbauende neu hinterfragt werden.
Nein, die evangelische Theologie ist damit nicht hinfällig, denn sie hat von vorne herein ihre ständige Selbstkorrektur nicht nur zugelassen, sondern ausdrücklich gefordert (ecclesia semper reformanda).
[Einschub: was soll "protestantische Theologie" eigentlich sein? Das scheußliche Wort ist ein Sammelbegriff, bei dem man keine gemeinsame Theologie festmachen kann, die über einen Minimalkonsens hinausgeht. Immerhin wird auch die anglikanische Kirche zum "Protestantismus" gerechnet, die theologisch aber keine Kirche der Reformation ist, sondern nur im politischen Gefolge selbiger entstand. Also weg mit dem Begriff.]
Somit kann sich die evangelische Theologie im Gegensatz zur römischen auch im Grundsätzlichen korrigieren, ohne sich selbst abzuschaffen.
Sorry, aber jetzt wird es echt obskur: Die Glaubensbekenntnisse sind zu einer Zeit entstanden, als von sola scriptura weit und breit noch nichts zu sehen war...
War auch nicht nötig. Zu der Zeit waren mündliche Tradition und Schrift quasi gleichbedeutend! Aus bereits existierenden Schriften wurden Glaubensbekenntnisse und frühe liturgische Glaubensbekenntnisse fanden Eingang in die späteren Schriften. Und beide entstanden aus einer noch halbwegs einheitlichen mündlichen Überlieferung.
sola scriptura war ja das Prinzip, die Nähe zur ursprünglichen Lehre wiederzufinden, weil sich in den Schriften noch der unverfälschte theologische Stand der frühen Christenheit findet.
Heute sieht die evangelische Theologie ein, daß das unter Hinzuziehung von weiteren Quellen, unter Betrachtung der Tradition und Berücksichtigung neuzeitlicher Textanalyse noch besser geht als mit "sola scriptura".
Wie weit man damit geht, ist dann halt wieder offen. "Der Autor hatte offenbar keine Ortskenntnisse in Palästina und dürfte darum auch eher Fehler in seiner Interpretation jüdischer Verhältnisse gemacht haben" werden die meisten noch gelten lassen. Bei "Hier versucht der Autor einen Übersetzungsfehler der Septuaginta durch seine Interpretation schlüssig zu machen" läßt schon viele aussteigen. Und bei "Das muß nach der Zerstörung des Tempels geschrieben sein, weil Jesus ja nicht in die Zukunft schauen konnte" bin ich sicher auch nicht mehr dabei.
Ohne das Vertrauen, daß z.B. Paulus sich nicht einfach seinen eigenen Reim auf die Berichte gemacht hat, sondern in ausgezeichneter Weise vom Geist erfüllt war, hätte unser Glaube sicherlich zu wenig Basis.
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"Der obskure Begriff des Protestantismus heißt im Prinzip dasselbe wie: weder römisch-katholisch noch orthodox."
Der Begriff ist nicht obskur, sondern bezeichnet glasklar alle kirchlichen Gemeinschaften, die aus der Reformation hervorgegangen sind. Weder katholisch noch orthodox? Das hieße ja: weder allgemein noch rechtgläubig... Wenn ich das sagen würde, bekäme ich wieder Prügel.
"Ich plädiere aber auch entschieden dafür, diesen Begriff zu streichen - da ich sowieso nicht konfessionell argumentiere (auch wenn entsprechende Einflüsse nicht zu verleugnen sind)."
Klar, Du neigst ja zur Problemlösung durch Etikettenwechsel.
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Der Begriff ist nicht obskur, sondern bezeichnet glasklar alle kirchlichen Gemeinschaften, die aus der Reformation hervorgegangen sind.
Eben nicht, da man üblicherweise darunter auch die anglikanische Kirche mitmeint, die nicht aus der Reformation hervorgegangen ist und theologisch nichts besonderes mit den Kirchen der Reformation gemein hat.
Also allenfalls ein politischer Begriff, kein theologischer. Auf jeden Fall kein hilfreicher.
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