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Freitag, Juni 10, 2005

Lehren

Ephräm der Syrer gilt als Kirchenlehrer. Benedikt XV. hat dies 1920 festgestellt. Kirchenlehrer klingt irgendwie altmodisch, und mancher nimmt die Lehre der Kirche eher als Bedrohung seiner individuellen Freiheit wahr.

Heute morgen fiel mir ein Lied ein, das im katholischen Gesangbuch Gotteslob nur noch ein Schattendasein fristet. Meine Diözese hat es nicht einmal mehr in den Bistumsanhang aufgenommen. Und trotzdem kann ich mich lebhaft daran erinnern, wie dieses Lied bei bestimmten Gelegenheiten im gut besetzten gotischen Dom, der meine Heimatkirche ist, gesungen wurde. Ohne Gesangbuch schmetterten da die Katholiken diese Zeilen, die Orgel brauste dazu, der Organist konnte alle Register ziehen, die er ziehen wollte, ohne den Gesang damit zu übertönen (wie es heute meistens geschieht).
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
Ich will die Kirche hören!
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
Und folgsam ihren Lehren!
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad'
In seine Kirch' berufen hat,
Nie will ich von ihr weichen!
Eine Variante, die sich heute mancher nicht mehr zu singen getraut, lautet so:
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
Ich will die Kirche hören!
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
Und folgsam ihren Lehren!
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad'
Zur wahren Kirch' berufen hat,
Nie will ich von ihr weichen!
Wenn 700 Menschen aus voller Kehle solche Zeilen singen, ist das ein liturgisches Ereignis, das selbst abgebrühten Kritikern Gänsehaut verursacht. (Wenn auch aus anderen Gründen.)

Vor ein paar Jahren traf ich nach der Osternacht, in der dieses Lied gesungen wurde, einen akademischen Menschen, der mir bekannte, er könne diesen Text nicht ehrlichen Herzens mitsingen: Dass sein Taufbund immer fest stehen solle, sei er zu versprechen nicht in der Lage.

Ich möchte hinzufügen: Wer will denn die Kirche hören? Ist nicht vielmehr die Kirche diejenige, die zu hören hat? Wer möchte allzeit gläubig und folgsam ihren Lehren sein? Modern ist doch, wer seinem eigenen Stern folgt. (Vom Dank für die Berufung zur wahren Kirch' einmal ganz zu schweigen...)

5 Comments:

At 6/10/2005 10:52:00 AM, Anonymous Anonym said...

Als jemand, der von dem müden Gesinge in rk Messen oft enttäuscht ist, muß ich beipflichten: dieser "Schlager" ist der große musikalische Lichtblick "drüben"! Ja, ich habe es auch erlebt, wie plötzlich die Kirche von Gesang erfüllt ist, wie ich es sonst nur von "daheim" kenne, ja vielleicht sogar noch inbrünstiger!

Ich finde das Gotteslob ja sonst musikalisch sehr dünne, angereichert allenfalls mit ein paar wertvollen Ö-Liedern und allerlei schönen, geklauten Melodien, bei denen die Thurmeirs (oder wie sie heißen) den Text kaputtgemacht haben. Aber dann gibt es da diesen Gassenhauer, der mit unseren schönsten Chorälen gleichziehen kann.

Ich kenne allerdings zwei andere Versionen:

Fest soll mein Taufbund immer stehn,
zum Herrn will ich gehören.
Er ruft mich, seinen Weg zu gehn,
und will sein Wort mich lehren.
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad
in seine Kirche berufen hat,
ihr will ich gläubig folgen.

Fest soll mein Taufbund immer steh'n,
ich will auf Jesus hören.
Er soll mich allzeit gläubig seh'n
und folgsam seinen Lehren.
Dank sei dem Herrn,
der mich aus Gnad
in seine Kirch' berufen hat:
ihm will ich gläubig folgen!


Mit beiden Versionen kann ich natürlich deutlich mehr anfangen und es stört mich nicht im geringsten, daß ich da belehrt werde. Es kommt halt darauf an, von wem! (-:

 
At 6/12/2005 09:37:00 PM, Blogger Petra said...

Dieses Lied wurde bei meiner Taufe gesungen - schöne Erinnerungen...
Ich war sehr stolz, es zu singen!

Ich finde aber, es gibt da unter den Kirchenliedern noch einige "Gassenhauer":

"Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr/heilig, heilig, heilig, heilig ist nur er..."

oder:

"Singt heilig, heilig, heilig, ist unser Herr und Gott/singt mit den Engeln heilig, bist Du Gott Sebaoth..."

oder:

"Großer Gott, wir loben Dich. Herr wir preisen Deine Stärke..."

oder:

"Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe/singet der Erzengel himmlische Schar..."

Bei all diesen Liedern krieg ist eine Gänsehaut... :-) In den Kirchen, wo ich immer hingehe, ist übrigens mitsingen aus voller Kehle eher die Norm (und weniger "müdes Gesinge", obwohl es das natürlich auch gibt...).

 
At 6/13/2005 10:24:00 AM, Anonymous Anonym said...

Natürlich "Großer Gott wir loben dich", aber das wurde ja wieder vom Evangelen Peter Ritter komponiert und fällt unter die "wertvollen Ö-Lieder". (-:

Aber der feste Taufbund ist ja etwas tatsächlich "eigenes" in der spärlichen rk Kirchenmusik -- und trotzdem gut ...

 
At 6/13/2005 10:42:00 AM, Blogger mr94 said...

Wobei es schon wieder bedauerlich ist, dass "Großer Gott, wir loben dich" das Te Deum praktisch vollständig verdrängt hat. Ich habe es neulich in einer Vesper (evangelisch! allein das Magnificat dauerte eine halbe Stunde!) zum ersten Mal gesungen, in der Version aus dem Evangelischen Gesangbuch. (Ist die Übersetzung von Luther? Ich kann es gerade nicht nachschlagen.) Das lateinische Te Deum - also den Originaltext - habe ich überhaupt noch nicht live gehört. Steht vorsichtshalber auch gar nicht mehr im Gotteslob. O tempora, o mores!

 
At 6/14/2005 10:37:00 AM, Blogger Petra said...

The man I used to love sagt ja auch immer, dass es so schrecklich sei, dass bei den katholischen Kirchenliedern Text und Musik nie zusammenpassten, weil es sich ja um übersetzte Lieder handelt...

Obwohl es andererseits im alten Messbuch (1962) genug schöne deutschsprachige Lieder gibt - wo die wohl geblieben sind?

 

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