Selbstdisqualifizierung
Ein historischer Wert für die Erforschung des Lebens Jesu besteht kaum, abgesehen vielleicht (!) von den Umständen des Judasverrats. Umso mehr erfahren wir über eine extreme Richtung der Gnosis des zweiten Jahrhunderts und das hier bekämpfte katholische Verständnis von Liturgie. Aber die Abwertung des biblischen Verständnisses von Gott als dem Schöpfer und dem Gottessohn fordert ihren Preis. Er besteht in der Konstruktion eines hochkomplizierten Systems, das für uns Heutige kaum durchschaubar ist. Der Verfasser hat sich deutlich vom biblischen und apostolischen Christentum "emanzipiert". Seine Option gilt einem unverhohlen heidnischen System der Emanationen. Umso heftiger bekämpft er die heidnischen Laster in der Kirche. Dieser Kampf wird durch seine faktische Anlehnung an die heidnischen Spekulationen nicht gerade glaubwürdiger. Er dient eher als Feigenblatt.
In theologischer Hinsicht ist dieses Evangelium nicht nur ein Museumsstück. Leider ist die Gnosis für die Kirche eine bleibende Versuchung geblieben. Anders als der Heidelberger Theologe Peter Lampe in der Süddeutschen Zeitung (11. April 2006) vorschlägt, besteht die Lösung des gnostischen Problems gerade nicht in der Öffnung für diese Fragwürdigkeiten im Rahmen von "Versöhnter Verschiedenheit". Vielmehr ist dieser Vorschlag bezüglich Gnosis die endgültige Selbstdisqualifizierung dieses "ökumenischen" Programms.
Klaus Berger in der Tagespost über das Judasevangelium, zit. nach Zenit.org
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