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Dienstag, Juni 14, 2005

Bush

Wir alten Europäer geben uns gern Illusionen über die USA hin. Wir verstehen nicht, warum ein George W. Bush zum Präsidenten gewählt und vier Jahre später wiedergewählt wird. Sehr aufschlussreich ist, was dazu der ehemalige ARD-Korrespondent und heutige ZDF-Moderator Claus Kleber zu sagen hat. Aus einer Rezension im Deutschlandfunk:
"Bush stützt sich auf die religiöse Mitte seines Landes. Eine gute Ausgangsbasis, da 80 Prozent der Amerikaner bekennen, an Gott zu glauben, und mehr als 60 Prozent sogar erklären, dass Religion in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielt - vier Mal so viel wie in Deutschland. Kleber schreibt dazu:
Diese Zahlen zeigen so deutlich wie die Messgeräte texanischer Ölprospektoren, wo Schätze zu holen sind: Durch das kulturelle Fundament Amerikas zieht sich eine Goldmine, eine Art soziales Edelmetall, das auf die Säuren und Laugen täglicher Nachrichten und Sachdebatten nicht reagiert. Seine Lagerstätten sind am stärksten dort, wo religiöse Werte tief verwurzelt sind.
Bush junior hob das Gold in den Herzen. Der bekennende Evangelikale fand nach Alkoholexzessen und Misserfolgen erst spät auf den rechten Pfad zurück. Mit seiner tief empfundenen Religiosität spricht er die 'neue moralische Mehrheit' an. Und die besteht keinesfalls nur aus ungebildeten, rechten Eiferern, wie Kleber betont.
Diese Mitte ist viel religiöser, viel konservativer, als wir uns das von Amerika vorgestellt haben. Amerika war für uns ja immer ein Land der Moderne, und säkular, postreligiös zu sein, ist Teil der Moderne - nicht in Amerika. Amerikaner sind der Ansicht, dass man sehr wohl Hightech und moderne Formen von Business finance verbinden kann mit ganz altmodischen und fraglosen Wertordnungen, und daher kommt Bush."

Claus Kleber: Amerikas Kreuzzüge. Was die Weltmacht treibt. Verlag C. Bertelsmann, 288 Seiten, 19,90 EUR.