Evolution vs. Schöpfung?
Am 7. Juli 2005 erschien in der New York Times eine Kolumne des Wiener Kardinals Christoph Schönborn mit dem Titel "Finding Design in Nature". Der Kardinal entfachte damit eine heftige Debatte um ein Thema, das bei oberflächlicher Betrachtung längst erledigt schien: Ist die Evolutionstheorie mit der Schöpfungslehre der Kirche vereinbar oder nicht?
Schönborn wandte sich in seinem Beitrag gegen die neodarwinistische Spielart der Evolutionstheorie: "Evolution in the sense of common ancestry might be true, but evolution in the neo-Darwinian sense - an unguided, unplanned process of random variation and natural selection - is not." Damit hatte der Kardinal nicht mehr als die Unvereinbarkeit neodarwinistischen Denkens mit der Schöpfungslehre der Kirche festgestellt.
Dieser Konflikt entsteht dort, wo der Neodarwinismus das Terrain einer Naturwissenschaft überschreitet und zur Weltanschauung wird. Als naturwissenschaftliche Hypothese steht die Theorie der Entwicklung (Evolution) nicht im Gegensatz zur theologischen Lehre vom Schöpfer. Der Neodarwinismus als Weltanschauung glaubt hingegen, naturwissenschaftlich abgesicherte Gründe zu haben, um eine Schöpfung - in welcher konkreten Form auch immer - und damit die Existenz eines Schöpfers ausschließen zu können.
Was Schönborn positiv dagegensetzte, gab vielen Beobachtern Anlass, seine Position in die Nähe des "Intelligent Design" (ID) zu rücken: "Any system of thought that denies or seeks to explain away the overwhelming evidence for design in biology is ideology, not science." Die ID-Theorie verstehen ihre Vertreter als naturwissenschaftliche Alternative zur Evolutionstheorie, die sie als unzureichend oder widerlegt ansehen. Ihr Grundgedanke ist, dass die Komplexität der belebten Natur nur durch einen intelligenten Designer ausreichend zu erklären ist.
Als theologisch inspirierte Theorie mit naturwissenschaftlichem Anspruch ist Intelligent Design das logische Gegenstück zum naturwissenschaftlich begründeten Neodarwinismus, der offen oder verdeckt als Weltanschauung auftritt. Beide Denkrichtungen werfen sich wechselseitig Grenzüberschreitungen vor - von der Theologie zur Naturwissenschaft und vice versa. Ganz offensichtlich machen beide widersprüchliche Aussagen über den gleichen Gegenstandsbereich.
Doch stehen Schöpfungslehre und Evolutionstheorie ebenfalls im Widerspruch zueinander? Papst Pius XII. hatte 1950 in seinem Rundschreiben "Humani generis" der Entwicklungslehre eine Berechtigung zugestanden, soweit sie sich nicht direkt oder indirekt gegen die Offenbarung wendet. Von diesem Punkt ausgehend, hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg eine Konvergenz entwickelt, "die einen Widerspruch ausschließt, wenn die beiden Wissensarten in dem ihnen zugewiesenen Wirklichkeitsbereich und bei ihrem Formalobjekt bleiben, das einmal in der zeitlichen Entwicklung der Lebenssysteme besteht, zum anderen den umgreifenden überzeitlichen Akt der Urhebung des geschöpflichen Seins meint" (Leo Scheffczyk: Einführung in die Schöpfungslehre, S. 36).
Pius XII. hatte jedoch in "Humani generis" auch an der Geschichtlichkeit der ersten elf Kapitel des Buches Genesis festgehalten - "in einem wahren Sinn, der von den Exegeten noch weiter zu erforschen und zu erklären ist". Er zog damit im Grunde die Linie einer Entscheidung der päpstlichen Bibelkommission weiter aus, die im Jahre 1909 festgestellt hatte, dass die ersten drei Kapitel der Genesis "Berichte über wirkliche Geschehnisse" enthielten - "keine Mythen, keine bloßen Allegorien oder Symbole religiöser Wahrheiten, keine Legenden" (Ludwig Ott: Grundriß der katholischen Dogmatik, 10. Aufl., S. 111).
War mit diesen Festlegungen die Freiheit der Exegese übermäßig eingeschränkt? War etwa ein buchstäbliches, wortwörtliches Verständnis der Schöpfungsberichte lehramtlich vorgeschrieben? War der Konflikt mit den Naturwissenschaften damit nicht unvermeidbar? Und wie verträgt sich die Prämisse der Geschichtlichkeit mit der These, dass in den biblischen Schöpfungstexten zwischen der eigentlichen Aussageabsicht und ihrer zeit- und weltbildbedingten Einkleidung zu unterscheiden sei?
Bleiben Sie dran.
Schönborn wandte sich in seinem Beitrag gegen die neodarwinistische Spielart der Evolutionstheorie: "Evolution in the sense of common ancestry might be true, but evolution in the neo-Darwinian sense - an unguided, unplanned process of random variation and natural selection - is not." Damit hatte der Kardinal nicht mehr als die Unvereinbarkeit neodarwinistischen Denkens mit der Schöpfungslehre der Kirche festgestellt.
Dieser Konflikt entsteht dort, wo der Neodarwinismus das Terrain einer Naturwissenschaft überschreitet und zur Weltanschauung wird. Als naturwissenschaftliche Hypothese steht die Theorie der Entwicklung (Evolution) nicht im Gegensatz zur theologischen Lehre vom Schöpfer. Der Neodarwinismus als Weltanschauung glaubt hingegen, naturwissenschaftlich abgesicherte Gründe zu haben, um eine Schöpfung - in welcher konkreten Form auch immer - und damit die Existenz eines Schöpfers ausschließen zu können.
Was Schönborn positiv dagegensetzte, gab vielen Beobachtern Anlass, seine Position in die Nähe des "Intelligent Design" (ID) zu rücken: "Any system of thought that denies or seeks to explain away the overwhelming evidence for design in biology is ideology, not science." Die ID-Theorie verstehen ihre Vertreter als naturwissenschaftliche Alternative zur Evolutionstheorie, die sie als unzureichend oder widerlegt ansehen. Ihr Grundgedanke ist, dass die Komplexität der belebten Natur nur durch einen intelligenten Designer ausreichend zu erklären ist.
Als theologisch inspirierte Theorie mit naturwissenschaftlichem Anspruch ist Intelligent Design das logische Gegenstück zum naturwissenschaftlich begründeten Neodarwinismus, der offen oder verdeckt als Weltanschauung auftritt. Beide Denkrichtungen werfen sich wechselseitig Grenzüberschreitungen vor - von der Theologie zur Naturwissenschaft und vice versa. Ganz offensichtlich machen beide widersprüchliche Aussagen über den gleichen Gegenstandsbereich.
Doch stehen Schöpfungslehre und Evolutionstheorie ebenfalls im Widerspruch zueinander? Papst Pius XII. hatte 1950 in seinem Rundschreiben "Humani generis" der Entwicklungslehre eine Berechtigung zugestanden, soweit sie sich nicht direkt oder indirekt gegen die Offenbarung wendet. Von diesem Punkt ausgehend, hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg eine Konvergenz entwickelt, "die einen Widerspruch ausschließt, wenn die beiden Wissensarten in dem ihnen zugewiesenen Wirklichkeitsbereich und bei ihrem Formalobjekt bleiben, das einmal in der zeitlichen Entwicklung der Lebenssysteme besteht, zum anderen den umgreifenden überzeitlichen Akt der Urhebung des geschöpflichen Seins meint" (Leo Scheffczyk: Einführung in die Schöpfungslehre, S. 36).
Pius XII. hatte jedoch in "Humani generis" auch an der Geschichtlichkeit der ersten elf Kapitel des Buches Genesis festgehalten - "in einem wahren Sinn, der von den Exegeten noch weiter zu erforschen und zu erklären ist". Er zog damit im Grunde die Linie einer Entscheidung der päpstlichen Bibelkommission weiter aus, die im Jahre 1909 festgestellt hatte, dass die ersten drei Kapitel der Genesis "Berichte über wirkliche Geschehnisse" enthielten - "keine Mythen, keine bloßen Allegorien oder Symbole religiöser Wahrheiten, keine Legenden" (Ludwig Ott: Grundriß der katholischen Dogmatik, 10. Aufl., S. 111).
War mit diesen Festlegungen die Freiheit der Exegese übermäßig eingeschränkt? War etwa ein buchstäbliches, wortwörtliches Verständnis der Schöpfungsberichte lehramtlich vorgeschrieben? War der Konflikt mit den Naturwissenschaften damit nicht unvermeidbar? Und wie verträgt sich die Prämisse der Geschichtlichkeit mit der These, dass in den biblischen Schöpfungstexten zwischen der eigentlichen Aussageabsicht und ihrer zeit- und weltbildbedingten Einkleidung zu unterscheiden sei?
Bleiben Sie dran.
1 Comments:
Schönborn hat übrigens mittlerweile nachgelegt.
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