Wer ist Mehrheit, und wer ist Minderheit?
Frank Schirrmacher antwortet in der FAZ (online beim Spiegel, Hinweis von Scipio) auf einen Spiegel-Essay von Botho Strauß:
Wer ist Mehrheit, und wer ist Minderheit? Diese Frage, die Politiker aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich zu stellen wagen, hat der Bevölkerungsforscher Herwig Birg längst beantwortet. Dabei geht es nicht um die Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft insgesamt, sondern um eine demographische Revolution von unten. Wie die unsere Debatten bestimmt, ließ sich in den letzten fünfzehn Jahren studieren: Erst debattierte die Gesellschaft den Familiennachzug, dann die Probleme bei der Integration in den Kindergärten, es folgte eine Auseinandersetzung um die Probleme in Grundschulen, dann - mittlerweile war die Großelterngeneration in den Herkunftsländern hoch betagt - eine Debatte um das Staatsbürgerrecht mit besonderem Hinweis auf die Erbschaftsproblematik.
Wir sind jetzt, Stand 2006, bei den Hauptschulen und den fünfzehnjährigen Schülern angelangt, die im Pausenhof Deutsch sprechen sollen - jeder, der die Augen nicht verschließt, weiß, daß die nächste Phase der Debatte bevorsteht: der Augenblick, wo diese Generationen die Schulen verlassen und, da schlecht von uns ausgebildet, mit einem abweisenden Arbeitsmarkt konfrontiert werden. Dieser Augenblick ist schätzungweise noch maximal fünf Jahre entfernt.
Aber es geht nicht nur um ein Integrationsproblem einer vorwiegend muslimischen Mehrheit. Es geht mittlerweile um ein Desintegrationproblem der nicht zugewanderten jungen Minderheit. "Es ist nicht übertrieben", so Birg mit Blick auf die Jahre 2010 bis 2015, "daß die nicht zugewanderte, inländische Bevölkerung bei den unter Vierzigjährigen vielerorts zu einer Minderheit unter anderen Minderheiten wird."
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