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Donnerstag, Juni 23, 2005

Girard

Mit dem Wort von der Diktatur des Relativismus hatte Joseph Ratzinger in seiner letzten Predigt als Kardinal schon seine päpstliche Agenda anklingen lassen. Nun bin ich erstaunt, dass ausgerechnet die Zeit (namentlich Thomas Assheuer) bereits vor Ostern die Dinge ganz ähnlich auf den Begriff gebracht hatte, als sie von dogmatischem Relativismus sprach.

In der gleichen Ausgabe der Wochenzeitung war ein Interview mit René Girard zu lesen. Der Religionsphilosoph hat sich nach der Wahl Benedikts XVI. in einem (seinerzeit von Ralf entdeckten) Welt-Interview mit der an Rüttgers gemahnenden Überschrift "Das Christentum ist allen anderen Religionen überlegen" erneut zu Wort gemeldet:
"Der Relativismus greift immer weiter um sich. Und es gibt immer mehr Leute, die jede Art von Glauben hassen. Besonders an den Universitäten ist das der Fall - und es schadet dem intellektuellen Leben. Weil es keine objektive Wahrheit gibt, werden alle Wahrheiten gleich behandelt - und das zwingt einen, banal und oberflächlich zu bleiben. Man kann sich nicht wirklich einer Sache verschreiben, für etwas sein - auch nicht für kurze Zeit. Wie Ratzinger glaube ich jedoch fest an die Hingabe an eine Sache. Wir sind beide davon überzeugt, daß die Verantwortung verlangt, daß wir uns einer Position verschreiben und sie zu Ende führen."
Ich kann hier nicht alles zitieren, was zitabel wäre. Zu unserem vorgestrigen Thema sagt Girard:
Der Postmodernismus ist drastisch, wenn er sagt, es gebe keine absoluten Werte, keine allgemeingültige Wahrheit, und daß Sprache die Wahrheit niemals wiedergeben kann. Wie auch Papst Johannes Paul in der Enzyklika, die Sie erwähnten, nimmt Papst Benedikt den Kampf auf, indem er gegen diese Mode des Unglaubens in der heutigen Welt und besonders in Europa angeht. Wie Johannes Paul II weiß er aus persönlicher Erfahrung, daß eine Gesellschaft ohne Religion vor die Hunde geht. Und er zögert nicht, dies zu sagen. Ich hoffe, diese Botschaft findet ihren Nachhall. Seine Herausforderung des Relativismus ist nicht nur für die Kirche und Europa wichtig, sondern für die ganze Welt.
Eindeutig auch seine Antwort auf die Friedman-Frage:
Warum sollte man Christ sein, wenn man nicht an Christus glaubt? Paradoxer Weise sind wir in unserem Relativismus derart ethnozentrisch geworden, daß wir es in Ordnung finden, wenn andere - aber nicht wir selbst - ihren Glauben als überlegen ansehen!
René Girard: Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz. Eine kritische Apologie des Christentums. Hanser, München. 253 S., 21,50 EUR.

Das Heilige und die Gewalt. Fischer, Frankfurt/M.