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Dienstag, November 30, 2004

Catholic Analysis zur Moraltheologie (The Proportionalist Argument): "Proportionalists are those 'Catholic' moral theologians who believe in situation ethics. In other words, they believe, contrary to Church teaching, that no acts are instrinsically evil and that whether an act is morally evil depends on its consequences.

Most of you who have studied Philosophy 101, or read any philosophy at all, will likely recognize this supposedly nuanced, avant-garde species of moral theology as nothing more than rehashed nineteenth century utilitarianism. And you would be right.

But it seems that large segments of Catholic moral theology seem bent on replicating, with borrowed Catholic terminology inserted here and there, the errors of philosophy that emerged from nineteenth century Protestant England and Germany. This imitation is then presented as an intellectual breakthrough. But it is an intellectual 'breakthrough' only for those who have no familiarity with the history of Western philosophy."

Schöne Einleitung, aber das dann folgende konkrete Beispiel ist mir dann doch etwas zu plakativ.

Über die Brights (hier bereits im März erwähnt) berichtet nun auch die Süddeutsche Zeitung, wie der Perlentaucher feststellt: "Thomas Thiel stellt eine in Amerika jüngst gegründete Gruppierung namens 'Brights' (mehr) vor, die künftig die 'naturalistische Weltsicht' verbreiten und die Welt 'zur Wissenschaft erwecken' will; unter ihrem Dach sollen sich 'all diejenigen versammeln, deren Weltanschauung frei von übersinnlichen und metaphysischen Elementen ist.' Mit den - überwiegend atheistischen - 'Brights' trete 'ein neuer Typus des Intellektuellen in den Fokus der Öffentlichkeit, der nicht mehr die literarisch-historische, sondern die naturwissenschaftliche Bildung als Grundlage zeitgemäßer Intellektualität' betrachte."

In einem Interview mit der taz findet der argentinische Schriftsteller Cesar Aira, "dass die Freiheit durch die Populärkultur bedroht wird - gewisse Dinge werden heute geradezu zwanghaft obligatorisch. Zum Beispiel das Mobiltelefon: Zunächst war es ein nützliches Utensil, dann wurde es zu einer zwanghaften Notwendigkeit, und heute ist der Besitz einfach obligatorisch. ... Die Populärkultur wird zum Symbol all dessen, was obligatorisch wird. Hingegen Johann Sebastian Bach, der ist nicht obligatorisch. Bach ist frei. Will ich Bach hören, muss ich eine Aufnahme suchen und manchmal muss ich sehr danach suchen. Und um die Musik zu verstehen, muss ich mich anstrengen. Über diese Hochkultur öffnet sich ein Weg in die Freiheit. Mein Verhältnis zur Populärkultur ist eher dialektisch. Ich beziehe mich bei meiner Arbeit ständig auf die Populärkultur. Aber dabei geht es mir um eine Transformation, die auch die Hochkultur verändert." [ebenfalls via Spiegel Online via Perlentaucher]

Die Frankfurter Rundschau rezensiert Ludwig Ring-Eifel: Weltmacht Vatikan. Päpste machen Politik. Pattloch-Verlag, München, 308 Seiten, 19,90 Euro. Und kann sich den folgenden Scherz nicht verkneifen: "'Gott ist tot. Nietzsche.' - 'Nietzsche ist tot. Gott.' Ähnliches könnte man für den Vatikan stricken. Reiche kommen und gehen, und die Päpste treiben weiter Politik. 'Wie viele Divisionen hat der Papst? Stalin.' - 'Wie alt wurde die Sowjetunion? Johannes Paul II.'" [via Spiegel Online via Perlentaucher]

Montag, November 29, 2004

Zitat des Tages bei Spiegel Online: "'Kinder werden nach wie vor als Objekte gesehen, deren Köpfe mit Fachwissen gefüttert werden müssen. So kann man aber nichts lernen. Das Lernen an deutschen Schulen erinnert mich bisweilen an Bulimie. (...) Dann kommt die Prüfung, und anschließend entledigen sich die Schüler des angelernten Wissens wie Essgestörte der Nahrung. Die Kinder müssen anders lernen als bisher. Passiv erlerntes Wissen ist nutzlos. Man kann sich nur einprägen, was man sich selbst erarbeitet hat.'

Gerald Hüther, Hirnforscher an der Universität Göttingen, in einem dpa-Gespräch zum 5. Göttinger Bildungskongresses. Hüther kritisiert den klassischen Unterricht an deutschen Schulen als 'passive Lerndressur' - und aus den schlechten Pisa-Ergebnissen zögen deutsche Politiker den falschen Schluss, man müsse 'noch mehr Stoff noch schneller und effektiver in die Kinder reinbekommen'. Der Wissenschaftler fordert, die Begeisterung der Kinder für das Lernen zu erhalten und zu fördern, statt sie zu reinen 'Fachidioten' zu machen." Wie wahr.

Freitag, November 26, 2004

Der Papst hat auch ein Pontifical Institute of Sacred Music, das wiederum eine Reihe netter MP3s bereithält. Zum Beispiel das Rorate caeli, das ab morgen wieder gebraucht wird.

Donnerstag, November 25, 2004

Die Frankfurter Rundschau rezensiert: "Im Kern der christlichen Erfahrung [...] steht nicht der Selbsterfahrungstrip, sondern die Konfrontation mit dem Begehren des andern, des 'Nächsten'. Slavoj Zižek und Alain Badiou haben erst jüngst gezeigt, dass das subversive Potenzial des orthodoxen Christentums im Zeitalter des globalen Kapitalismus keineswegs verbraucht ist. Wenn die frühen Christen zusammenkamen, um gemeinsam das Brot zu brechen und solidarisch füreinander einzustehen, dann traf auf sie zu, was der Apostel Paulus im Galaterbrief sagt: 'Da gibt es nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr seid alle einer in Christus.' Genau dieser urdemokratische, urkommunistische Kern der paulinischen Christologie wird in der gnostischen Umdeutung des Christentums verraten zugunsten einer esoterischen Initiation für die wenigen 'spirituell Erleuchteten'. Für Paulus ist die 'gute Nachricht' keine Geheimlehre Christi, sondern eine Offenbarung, die allem Volk zuteil werden soll."

Elaine Pagels: Das Geheimnis des fünften Evangeliums. Warum die Bibel nur die halbe Wahrheit sagt. Aus dem Englischen von Kurt Neff. Verlag C.H. Beck, München 2004, 240 Seiten, 19,90 Euro.

Nur weil neulich die Frage aufkam: benedeien (gebenedeit) kommt von lat. benedicere (bene dicere), benedictus (dt. gepriesen) und wird daher mit kurzem "e" gesprochen. Nicht wie wohl im Norddeutschen üblich mit langem. Hier die Erläuterung.

Mittwoch, November 24, 2004

Die Welt hat ein Interview mit Joseph Kardinal Ratzinger: "Zweifelsohne müssen wir alles Mögliche tun, den christlichen Entwurf auf eine Weise zu übersetzen, aus der die wahre Essenz des Christentums ins Heute hinein aufleuchtet.

Wie wollen Sie diese Essenz beschreiben?

Ratzinger: Als Liebesgeschichte zwischen Gott und den Menschen. Wenn das in der heutigen Sprache verstanden wird, wird auch der Rest verstanden werden können." [via fonolog]

Dienstag, November 23, 2004

Bernd Ulrich stellt Fragen (in der Zeit): "Wieso nimmt das Ökobewusstsein der Deutschen im Moment sogar noch zu, wo man doch immer dachte, in wirtschaftlichen Krisen träten die »weichen« Themen zurück? Was bedeutet es für uns, wenn ein ultraliberales Land wie unsere holländischen Nachbarn an seiner eigenen Offenheit zweifelt, wenn es eine autoritäre Wende nimmt? Kann man einen Konservatismus entwickeln, dem nicht alles eins und gleich ist, der also unterscheidet, ohne jedoch zu diskriminieren? Schwierige Fragen, wie gesagt, aber interessanter als die, ob die Amis verrückt geworden sind. Und eine letzte Frage: Ist es nicht eine Chance, wenn den Bürgern Werte wichtiger sind als kurzfristige Interessen? Haben sich Linke und Ökologen das nicht immer gewünscht?"

Montag, November 22, 2004

Und den guten Jürgen Kuhlmann zum Christkönigssonntag wollte ich auch noch zuende lesen.

Dieses Manifest von elf führenden Neurowissenschaftlern über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung ist ein must read. (Auch für mich.)

Freitag, November 19, 2004

Kardinal Ratzinger im Interview mit Radio Vatikan auf die Frage, ob der Buttiglione zeige, dass die Mitarbeit von Christen in der EU nicht mehr gewollt ist: "In der Tat - es ist ein Zeichen, daß zunächst die weltanschauliche Neutralität des staatlichen Bereichs sich in eine Art von ideologischer Dogmatik umzuwandeln im Begriff steht, Laizismus also nicht mehr die Gewähr vielfältiger Überzeugungen in Freiheit darstellt, sondern sich selbst als eine Ideologie etabliert, die vorschreibt, was man denken und sagen darf und eine öffentliche Präsenz des Christlichen, zum Beispiel, eben nicht mehr gewährleistet. Das ist, denke ich, schon ein Phänomen, das uns zu denken geben muß: dass das, was zunächst als Gewähr gemeinsamer Freiheit erschien, sich in eine Ideologie umformt, die zum Dogmatismus wird und die Religionsfreiheit zu gefährden beginnt."
[via fonolog]

Donnerstag, November 18, 2004

Der gute, alte Bertolt Brecht in seinem Lob des Zweifels:

Da sind die Unbedenklichen, die niemals zweifeln.
Ihre Verdauung ist glänzend, ihr Urteil ist unfehlbar.
Sie glauben nicht den Fakten, sie glauben nur sich. Im Notfall
Müssen die Fakten dran glauben. Ihre Geduld mit sich selber
Ist unbegrenzt. Auf Argumente
Hören sie mit dem Ohr des Spitzels.

Den Unbedenklichen, die niemals zweifeln
Begegnen die Bedenklichen, die niemals handeln.
Sie zweifeln nicht, um zur Entscheidung zu kommen, sondern
Um der Entscheidung auszuweichen. Köpfe
Benützen sie nur zum Schütteln. Mit besorgter Miene
Warnen sie die Insassen sinkender Schiffe vor dem Wasser.
Unter der Axt des Mörders
Fragen sie sich, ob er nicht auch ein Mensch ist.
Mit der gemurmelten Bemerkung
Daß die Sache noch nicht durchforscht ist, steigen sie ins Bett.
Ihre Tätigkeit besteht in Schwanken.
Ihr Lieblingswort ist: nicht spruchreif.

Freilich, wenn ihr den Zweifel lobt
So lobt nicht
Das Zweifeln, das ein Verzweifeln ist!

Was hilft zweifeln können dem
Der sich nicht entschließen kann!
Falsch mag handeln
Der sich mit zu wenig Gründen begnügt
Aber untätig bleibt in der Gefahr
Der zu viele braucht.

Du, der du ein Führer bist, vergiß nicht
Daß du es bist, weil du an Führern gezweifelt hast!
So gestatte den Geführten
Zu zweifeln!

Mittwoch, November 17, 2004

In Hamburg hat jetzt Peter Konwitschny Schönbergs Oper "Moses und Aron" neu inszeniert. Die FAZ rezensiert: "Konwitschny transformiert das theologische Problem des „Gottesdenkers” Moses zur zeitgemäßen Frage, wie sich wohl eine Welt ohne Transzendenz zur Idee des einen Gottes verhalte. Sie vertraut nicht Ideen, sondern dem schönen Schein, mit dem es von Aron betört wird. Seine Wunder sind das Blendwerk eines Magiers. Die Schlange ist ein gertenschlankes, kahlköpfiges Weib in einem glitzernden String-Body, das sich durch die Menge windet und lasziv auf den Knien des Moses räkelt. Wenn Aron sein drittes Wunder vollbringt und Wasser in Blut verwandelt, schneidet er sich mit einem Messer in den Oberkörper, bevor er das Versprechen abgibt, das auserwählte Volk in das Land zu führen, in dem Milch und Honig fließen."

Montag, November 15, 2004

Der Tagesspiegel dokumentiert in Auszügen die Rede von Jürgen Habermas zur Verleihung des Kyoto-Preises, in der er "den krönenden Schlussstein" (Perlentaucher) zur im FAZ-Feuilleton geführten Gehirndebatte setzt: "Kein freier Wille hat keinen Sinn."

Donnerstag, November 11, 2004

Es war mein erstes Theater (als Besucher natürlich): das JT in Göttingen. Jetzt berichtet Spiegel Online über den Neustart nach der Insolvenz.

Mittwoch, November 10, 2004

Hanno Helbling diagnostiziert in der NZZ Angstzustände beim hohen Klerus: "Wenn heute Angehörige des hohen Klerus die Alarmglocke ziehen, weil sie «christliche Werte» gefährdet sehen, reagieren sie darauf, dass die Emanzipation von tradierten Lebensregeln aus dem lehramtlichen Ruder läuft. Das donnernde Urteil, das Kardinal Scheffczyk nach dem Ulmer Katholikentag in der «Tagespost» erlassen, das Redeverbot, das Kardinal Meisner dem nichtkonformen Bischof Gaillot erteilt, oder die Klagen und Anklagen, die neulich der Kurienkardinal Martino in einer Rede vorgebracht hat, deuten auf Angstzustände hin. Die Angst ist verständlich; denn diesmal hat es die Kirche nicht mehr mit einer fassbaren Gegen-, sondern mit einer Fortbewegung zu tun, die sich dogmatisch weder bekämpfen noch integrieren, vielleicht aber (und das wäre schon etwas) diakonisch begleiten lässt."

Montag, November 08, 2004

Uta Rasche würdigt in der FAZ ("Der Alice Schwarzer der Protestanten") den EKD-Vorsitzenden: "Huber ist ein theologischer Kopf, dem das Rüstzeug aus seiner akademischen Laufbahn, zuletzt als Professor für Systematische Theologie in Heidelberg, für seine jetzige Aufgabe zugute kommt. Es gibt kaum ein Thema, zu dem er nicht aus dem Stand druckreif formulieren könnte: Sozialethik, Hartz IV, demographischer Wandel, Kopftuchstreit, Bioethik, deutsche Einheit - bischöfliche Standardthemen wie das protestantische Profil in der Bildung und die Notwendigkeit einer missionarischen Kirche eingeschlossen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem kein Radiosender, keine Nachrichtenagentur und keine Zeitung über ihn berichtet. Huber wird regelmäßig zu Talkshows eingeladen und kommentierte im ZDF zusammen mit Alice Schwarzer einen ganzen Tag lang die Wahl des neuen Bundespräsidenten."

Pater Martin Löwenstein SJ in einer Predigt zum 32. Sonntag im Jahreskreis C 2004 (Lk 20,27-40): "Wenn die Frage nach der Auferstehung so merkwürdig belanglos und abstrakt bleibt, wenn es für die Frage, wie ich heute und morgen leben will, so auffällig folgenlos ist, dann hat das Gründe.
Der Grund kann Desinteresse sein, der Mangel an Lust und Gelegenheit, sich die Frage zu stellen. Der Grund kann aber auch sein, dass ich Wissen über Wissen, Buch über Buch, Gedanke über Gedanke häufe - und dadurch geschickt vermeide, dass dies Konsequenzen hat."