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Donnerstag, Juni 30, 2005

Licht der Vernunft

"3. Wie kann man Gott allein mit dem Licht der Vernunft erkennen?
Indem er von der Schöpfung ausgeht, das heißt von der Welt und der menschlichen Person, kann der Mensch mit der Vernunft allein mit Sicherheit Gott erkennen als Ursprung und Ziel des Universums und als höchstes Gut, Wahrheit und unendliche Schönheit."

Aus dem neuen Kurzkatechismus (Quelle: Radio Vatikan)

kinderlos

"Vom 'Krieg der Generationen' ist neuerdings die Rede, von einem Krieg, der kein Vorbild in der Geschichte kennt. So sehen die Fronten aus: Die Europäer werden immer älter, aber es fehlt ihnen die Jugend. Europa ist kinderlos geworden, und darum zukunftslos. Immer weniger Erwerbstätige sollen immer mehr Rentner finanzieren. Die Sozialsysteme krachen. Im Krieg der Generationen gibt es nur Verlierer: die Alten, denen man zuerst die Kosten für Pflege und Gesundheit streitig machen wird, um ihnen dann das Tor zur Euthanasie weit aufzustoßen; die mittlere Generation, die unter der Last immer höherer Steuern und Abgaben fast zusammenbricht; die Jugend, deren Zukunftschancen systematisch verspielt werden.

Europa ist aus dem demographischen Gleichgewicht geraten: Die Barbarei der Abtreibung ist eine der Ursachen dafür - die Barbarei der Euthanasie eine der Folgen. Jetzt aber geht einer auf 'Selbstverwirklichung' getrimmten Gesellschaft auch finanziell die Luft aus. Durch Zuwanderung und kleine Kurskorrekturen in der Familienpolitik ist eine demographische Wende nicht zu schaffen. Eine Trendwende ist gefordert: eine neue Besinnung auf die Familie und ihre Stellung in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Staat, Wirtschaft und Gesellschaft brauchen Kinder. Und darum brauchen sie stabile, leistungsfähige und selbstbewußte Familien. Dieses Buch ist der Leitfaden für einen Ausweg aus der kinderlosen Gesellschaft."

kath.net über ein Buch von Stephan Baier: kinderlos. Aachen 2004, 18 EUR.

Brigitte Kronauer

Ohne mich Gruppierungen anzuschließen, bin ich mir selbst gegenüber erzkonservativ, indem ich meine frühe Überzeugung von den Errungenschaften des Pazifismus und der Sozialdemokratie, auch wenn beides anscheinend aus der Mode kommt, nicht aufzugeben gedenke. Es mag schon sein, dass man mit zunehmendem Alter konservativer wird. Das hängt mit der Erfahrung von der Zerbrechlichkeit der Welt, der Menschen, der Gegenstände, der Hinfälligkeit von Ideen zusammen. Man hält das sogenannte Althergebrachte und schon lange Existierende, ob Lebewesen oder Ding, nicht mehr für unverletzlich, für etwas bedrückend Übermächtiges, das man schon allein deshalb attackierte, sondern erkennt es als Fragiles, von einer Generation der nächsten anvertraut, das man beschützen muss. [...]

Ich glaube, man kann, grob gesagt, aus zwei Gründen konservativ sein. Nämlich aus Angst vor einem in Innen- und Außenwelt drohenden Chaos. Das gilt für die Schwachen wie für die Starken, für die notorisch Geführten wie für die Führer. Die einen fürchten um ihre kleine Habe und Übersicht, die anderen um ihre große. Man besinnt sich auf den Trost konservativer Strukturen um den Preis gesellschaftlicher Dynamik. Ein zwiespältiger Prozess, der wohl von Zeit zu Zeit fällig ist, eine unvermeidliche Wellenbewegung, der man sich jedoch keineswegs als neuem Mainstream unterwerfen muss.

Interessanter ist das Konservativsein aus Unerschrockenheit, also dem Gegenteil von Angst. Ich meine damit eine trotzige, besser noch spielerische Treue gegenüber bestimmten Ritualen, Zeremonien des Lebensvollzugs, die sich gegen die allzu selbstverständliche, neuerdings durchs Fernsehen noch beschleunigte Übernahme gesellschaftlicher Kopflosigkeiten richten. Konservativer Lebensstil, wenn nicht aus Klassenarroganz, sondern aus individuellem Mut zu Einzelgängertum und Einsicht in die permanente Notwendigkeit von Form, am schönsten, wenn er leicht ironisch gehandhabt wird, ist im Grunde nichts anderes als Gestalt gewordener Eigensinn, Skepsis gegen Sound und Zeitgeist. Gertrude Stein, Idealtyp der Avantgardistin, hat einmal gesagt, vielleicht sei keine Sache wert, getan zu werden, werde sie aber getan, solle man sie mit größtmöglicher Grazie tun.

Brigitte Kronauer auf die von der Frankfurter Rundschau gestellte Frage: Sind Sie konservativ? Für die gleiche Reihe wird übrigens noch ein Interview mit Martin Mosebach angekündigt. [via Perlentaucher]

Hengsbach

"Ich selbst zögere oft davor zurück, derart entschlossene Schritte zu gehen, etwa in meinem Verhältnis zur katholischen Kirche. Im Ruhrgebiet hieß es einmal: Man tritt nicht aus der SPD und nicht aus der Kirche aus. So eine Maxime kann den kollektiven Meinungsdruck spiegeln, um charakterstarke Individuen mit Zivilcourage und Profil einzufangen und einzuschüchtern. Mir ist aus dem katholischen Milieu ein solcher Gruppendruck vertraut. Insofern kann ich ein wenig nachvollziehen, dass Lafontaine derzeit einer solchen Ächtung begegnet.

sueddeutsche.de: Wenn es um die Lösung von Konflikten geht, ergeben sich bei der SPD und der Kirche also ähnliche Defizite?

Hengsbach: Ja, bei Quertreibern und Aussteigern aus der katholischen Kirche wie etwa Küng oder Drewermann konnte man die Reaktion eines Systems beobachten, das einen strukturellen Konflikt personalisiert, moralisiert und dann auch kriminalisiert."

Friedhelm Hengsbach SJ leitet das Oswald-von-Nell-Breuning-Institut an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Das Zitat stammt aus einem Interview mit sueddeutsche.de.

Project Wittenberg

Falls sich jemand den Spaß machen möchte, die einschlägigen Luther-Texte im lateinischen (sic!) Original (sic!) zu zitieren, dann wird er beim Project Wittenberg fündig. Die dortige lingua franca ist natürlich Englisch, daneben gibt es eine Reihe von Übersetzungen, seltsamerweise nicht in deutsch.
1. Dominus et magister noster Iesus Christus dicendo `Penitentiam agite &c.' omnem vitam fidelium penitentiam esse voluit.

Mittwoch, Juni 29, 2005

Powerfully persuasive to Protestants

Christ assumed human flesh in order to give that flesh for us, and give that flesh to us. The Eucharistic liturgy is a sacrificial covenant meal. It renews a covenant, and every covenant seals a family bond. As the Son of God became human, so we become divine — “sons in the Son,” to use the favorite phrase of the Church Fathers.

Q: Who, then, is a member of the family?

I believe that will be a key consideration of Benedict’s pontificate. He has already demonstrated his eagerness for ecumenical dialogue. If he does no more than continue the work he began as a cardinal, he will articulate the doctrine of the Eucharist in powerful biblical terms, which will be powerfully persuasive to Protestants.

The heavenly liturgy is the key to understanding the biblical books of Hebrews and Revelation. And the experience of liturgy is key to understanding much of the Bible — both the Old and New Testaments.

What Leviticus and Deuteronomy were to the Old Covenant, Hebrews and Revelation are to the New Covenant. Without a knowledge and experience of the liturgy, so much of the content of these books is inaccessible to us.

Scott Hahn in einem Interview mit Zenit.org über Benedikt XVI., zitiert beim Pontificator

Dialektik der Säkularisierung

Der legendäre Dialog zwischen Joseph Kard. Ratzinger und Jürgen Habermas (Dokumentation) ist nun als schmales Bändchen (64 Seiten) zum Preis von 9,90 Euro bei Herder erschienen. Der Band trägt den an Horkheimer/Adorno gemahnenden Titel Dialektik der Säkularisierung.

Tierischer Geist

Haben Tiere ein Bewusstsein? Ein Sammelband, rezensiert in der SZ, liefert Erhellendes.

DOMINIK PERLER, MARKUS WILD (Hrsg.): Der Geist der Tiere. Philosophische Texte zu einer aktuellen Diskussion. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005. 449 Seiten. 16 Euro.

Liturgisches Archiv

Das Archivum Liturgicum Sacrosantae Romanae Ecclesiae ist (wieder-)eröffnet.

Katholizität

„Die Katholizität drückt nicht nur eine horizontale Dimension aus, die gemeinsame Versammlung von zahlreichen Menschen; es drückt auch eine vertikale Dimension aus“, sagte Benedikt XVI. in seiner Homilie: „Nur indem wir den Blick auf Gott richten, nur indem wir uns für ihn öffnen, können wir wirklich eins werden.“

„Katholizität bedeutet Universalität – Vielfalt, die zur Einheit wird; Einheit, die dennoch Vielfalt bleibt“, erinnerte der Papst. Diese Einheit bedeute, dass die Menschen fähig sind, „über sich selbst hinauszuwachsen“, um auf Gott zu schauen. Die Einheit der Menschen sei möglich, weil Gott sich uns offenbart habe, „weil die wesentliche Wahrheit über unser Leben, über unser ‚Woher?’ und ‚Wohin’?’ sichtbar geworden ist, als Er sich uns gezeigt hat und uns in Jesus Christus sein Antlitz, sich selbst, schauen ließ.“

Diese Wahrheit führe uns zur Einheit. „Katholizität und Einheit gehören zusammen“, betonte Benedikt XVI. Die Einheit beinhalte „den Glauben, den die Apostel uns von Christus überliefert haben“. Charakteristikum der Kirche sei auch, dass sie „apostolisch“ sei. „Die Kirche ist apostolisch, weil sie den Glauben der Apostel bezeugt und versucht, ihn zu leben“, sagte der Papst.

Die Kirche sei auch „heilig“, sagte Benedikt XVI. „Die Kirche ist nicht von sich aus heilig; sie besteht vielmehr aus Sündern – wir wissen das und wir sehen es alle. Sie wird jedoch stets von Neuem durch die reinigende Liebe Christi geheiligt. Gott hat nicht nur gesprochen: Er hat uns sehr realistisch geliebt – bis hin zum Tod des eigenen Sohnes.“

kath.net fasst die Predigt von Papst Benedikt XVI. zum heutigen Hochfest zusammen.

Nominiert

Petras Beitrag zum Zölibat ist nominiert.

Nachtrag: Matthias' Schrift übrigens auch. (Danke, Petra!)

Schweigen

Das Schweigen meines Notizbuches hat, ähnlich wie Scipio es beschreibt, teils profane (Dienstreise), teils inhaltliche Gründe. Nach den großen Themen der letzten Monate - Papst und Protestantismus - ist nun erst einmal Ernüchterung eingekehrt. Ich werde jetzt wohl einfach etwas Handwerk abliefern, die angefangene Reihe fortsetzen, den einen oder anderen Faden aus dem Gemetzel der letzten Wochen noch einmal aufgreifen und schließlich in Sommerurlaub gehen...

Peter und Paul

Ich erkläre euch, Brüder: Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen;
ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen.
Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte.
In der Treue zum jüdischen Gesetz übertraf ich die meisten Altersgenossen in meinem Volk, und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein.
Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte
seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate;
ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.
Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.
Gal 11,1-18

Dienstag, Juni 28, 2005

Irenäus

Wie ist Gott und wie groß ist er, er, der alles in allem wirkt, der unsichtbar ist, der für die, die er geschaffen hat, mit Worten nicht zu fassen ist, der aber dennoch nicht unerkennbar ist! Die Menschen lernen alles durch sein Wort: daß e i n Gott ist, der Vater, der alles zusammenhält und allem das Sein gibt, wie der Herr gesagt hat: "Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht."
Irenäus von Lyon (+ um 202): Aus dem Buch gegen die Irrlehren

Montag, Juni 27, 2005

Werner Bergengruen

Noch ein Konvertit: Der Schriftsteller Werner Bergengruen bekehrte sich 1936 zum katholischen Glauben. Ein Jahr später wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen. Der Deutschlandfunk rezensierte heute in der Sendung Politische Literatur das in diesem Jahr erschienene Buch Schriftstellerexistenz in der Diktatur. Der Text ist noch nicht online. Einstweilen können wir auf eine Rezension in der Welt zurückgreifen.



Nachtrag: Inzwischen ist die Rezension beim DLF nachzulesen. Auszug:
Bergengruen legt hier Rechenschaft ab über sein Tun und Denken zwischen 1933 und 1945. Aber vor allen Dingen ist sein Kompendium eine intellektuelle Positionsbestimmung vor und nach 1945. Er verortet sich außerhalb des NS-Regimes und außerhalb der NS-hörigen Literaturszene. Und von diesem Standort strikter Distanz aus liefert er erstaunliche Innenansichten. Dazu gehört seine Auseinandersetzung mit dem Nationalgefühl der Deutschen, das - wie er schreibt - "niemals in der Balance" gewesen sei: spätestens seit 1918 immer hin und her gerissen zwischen "würdeloser Verleugnung" und "überhitzter Gewaltsamkeit", immer weitaus mehr der Heimat und dem Stamm ergeben als dem Staat. Im Bürgertum, und hier besonders im protestantischen Bürgertum, und seiner zur Schau gestellten Wohlanständigkeit sieht der 1936 zum Katholizismus konvertierte Bergengruen die Gesinnungslosigkeit wüten und den Urgrund für "alle Scheußlichkeiten des Dritten Reiches". Über den Grund der Anziehungskraft des Nationalsozialismus auf die breite Masse notierte er 1945 eine Einschätzung, die durch die Debatte um Götz Alys Buch "Hitlers Volksstaat" derzeit etwas aus dem Blick geraten ist:
Der Nationalsozialismus appellierte an den uralten Kinderwunsch der Menschen, die komplexe Vieldeutigkeit des Daseins, der sie sich nicht gewachsen fühlen, gelöst und alle Erscheinungen reinlich in Gut und Böse aufgehälftet zu sehen. Er gab einem jeden mit Ausnahme der schon durch Geburt verdammten Andersrassigen die Möglichkeit, sich bei dieser Aufhälftung auf die Seite des Guten zu stellen. Das heißt, er speiste ihn mit moralischer Genugtuung, an denen gemessen die verheißenen materiellen Vorteile vielleicht gering waren.

Sonntag, Juni 26, 2005

Revelation

“A revelation is not given, if there be no authority to decide what it is that is given.”
John Henry Newman, zitiert vom Pontificator

Samstag, Juni 25, 2005

cathsingles

"'Ja, ich bin katholischer Single und kirchenrechtlich in der Lage, das Sakrament der Ehe zu empfangen.'" Diese Frage (und nicht nur die) muss mit "Ja" beantworten, wer sich bei kathtreff.org registrieren möchte. Berichtet heute die taz. [via Perlentaucher]

Geist des Konzils

"Über vierzig Jahre haben zwei Generationen von Theologen sowie zahlreiche Historiker, Journalisten und Kirchenleute hartnäckig versucht, ein falsches Bild des Zweiten Vatikanischen Konzils zu zeichnen. Wichtiger Exponent dieser 'pressure group' ist der in Bologna arbeitende Konzilshistoriker Giuseppe Alberigo, der bereits seit den sechziger Jahren die These streut, dass bei der Interpretation dieser Kirchenversammlung nicht die Konzilsdokumente im Vordergrund zu stehen hätten, sondern das konziliäre Ereignis als solches. Das wahre Konzil sei der 'Geist des Konzils'. Denn man könne das Konzil nicht auf den bloßen Buchstaben seiner Texte reduzieren. Das eigentliche Reformwerk der Konzilsväter gehe weit darüber hinaus."

So beginnt ein Kommentar von Guido Horst in der Tagespost, auf den Peter aufmerksam macht. Ist dieser ominöse Geist eigentlich der Heilige?

I què és la veritat?

Gott, unser Vater,
du hast uns in der Taufe
zu Kindern des Lichtes gemacht.
Lass nicht zu,
dass die Finsternis des Irrtums
über uns Macht gewinnt,
sondern hilf uns,
im Licht deiner Wahrheit zu bleiben.

Tagesgebet vom 13. Sonntag im Jahreskreis

Freitag, Juni 24, 2005

God is wireless

If I can operate Google, I can find anything... Google, combined with Wi-Fi, is a little bit like God. God is wireless, God is everywhere and God sees and knows everything. Throughout history, people connected to God without wires. Now, for many questions in the world, you ask Google, and increasingly, you can do it without wires, too.
Alan Cohen, V.P. of Airespace, a new Wi-Fi provider, New York Times, 6/29/03, zit. nach The internet is shit

Neu-Autoritarismus

Peter Sloterdijk ist uns hier kein Unbekannter. Ähnlich wie Norbert Bolz hat auch er die Lizenz zum Universalgelehrtentum. Heute befragt ihn der Tagesspiegel zur Krise Europas (die ja ein bemerkenswertes Timing aufweist, so kurz nach Amtsantritt eines Papstes, der einen analytisch scharfen Blick auf eben jene Krise hat):
Werden wir zur Kapitalismusdebatte möglicherweise eine Demokratiedebatte dazubekommen? Müssen wir auf europäischem Hintergrund den Abstand zur direkten Demokratie neu definieren? Auch der Papst beschwört mit seiner Kritik am „Relativismus“ die Optionsmöglichkeit der Mehrheit.

Ratzinger wäre falsch interpretiert, wenn man ihn als Antidemokraten beschriebe. Er plädiert für eine christliche Demokratie. Ich würde das übersetzen in ein Theorem, an dem ich seit längerer Zeit arbeite: Was uns demnach bevorsteht, ist die globale Wende in den „autoritären Kapitalismus“ – und zwar auf der Grundlage eines neo-autoritären WerteDenkens. Ratzingers Visionen lassen sich mühelos in einen solchen Kontext einordnen. Das 21. Jahrhundert wird zum Labor des Neu-Autoritarismus, das heißt des Kapitalismus, der die Demokratie nicht mehr nötig hat. [via Perlentaucher]

Typisch für Sloterdijk ist die an sich klare, aber zugleich kryptische Sprache, die stets mehrere Interpretationsmöglichkeiten eröffnet. Christliche Demokratie (ein Begriff, der zumindest mir bei Joseph Ratzinger noch nicht begegnet ist) wäre also gleich Neu-Autoritarismus? Aber kann das sein, wenn er Neu-Autoritarismus als Kapitalismus ohne Demokratie definiert?

Geburt des hl. Johannes des Täufers


In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, allmächtiger Vater, zu danken und am Fest des heiligen Johannes das Werk deiner Gnade zu rühmen. Du hast ihn geehrt vor allen, die je eine Frau geboren hat, schon im Mutterschoß erfuhr er das kommende Heil, seine Geburt erfüllte viele mit Freude. Als Einziger der Propheten schaute er den Erlöser und zeigte hin auf das Lamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Im Jordan taufte er Christus, der seiner Kirche die Taufe geschenkt hat, so wurde das Wasser zum heiligen Quell des ewigen Lebens. Bis an sein Ende gab Johannes Zeugnis für das Licht und besiegelte mit dem Blut seine Treue.

Donnerstag, Juni 23, 2005

Quellen des Glaubens

In volle Länge sei zitiert, was die Kongregation Meßner zur Annahme vorlegte:
I
DIE QUELLEN DES GLAUBENS

Die Weitergabe der apostolischen Predigt

1. Die gesamte Weitergabe der von den Aposteln empfangenen Offenbarung in der Kirche kann Tradition im weiteren Sinn, oder –wie der Verfasser sagt– «das eine Überlieferungsgeschehen» genannt werden.

2. Diese Weitergabe erfolgt in zwei Formen, die eine, geschriebene, ist die Heilige Schrift, die andere, nicht geschriebene, ist die Tradition oder Überlieferung im strengen Sinn. Denn die apostolische Predigt geht zwar in besonderer Weise in die Heilige Schrift ein,[1] aber nicht völlig in ihr auf. Deshalb ist der Begriff der apostolischen Tradition, die unter dem Beistand des Heiligen Geistes in der Kirche weitergegeben wird, weiträumiger als das in der Schrift ausdrücklich Niedergelegte.[2] Apostolische Predigt und Tradition, die von den Aposteln kommt, dürfen nicht einfach gleichgesetzt werden.

Die Heilige Schrift und ihre Aussage

3. Die Heilige Schrift ist Erkenntnisquelle für den katholischen Glauben, in dem Sinn und in der Heilsaussage, wie sie vom Heiligen Geist durch den menschlichen Verfasser im heutigen Text niedergelegt sind.[3]

Die Tradition und die Traditionen

4. Neben der Schrift steht die Tradition im engeren Sinn. Sie zeigt uns die Inspiration und den Kanon der Schrift, und ohne sie ist eine umfassende Deutung und Vergegenwärtigung der Schrift nicht möglich.[4] Der katholische Glaube wird nicht bloß aus dem Text der Schrift erhoben; denn die Kirche schöpft ihre Gewißheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Schrift allein.[5]

5. Die Tradition ist die Weitergabe der Offenbarung, die von Christus und vom Heiligen Geist den Aposteln anvertraut worden ist, in Leben und Lehre der katholischen Kirche durch die Generationen hindurch bis heute[6]. Nur diese Tradition ist Glaubensnorm.

6. Die «Traditionen», von denen das I. Vatikanische Konzil[7] und auch «Dei Verbum» (Nr. 8) sprechen, sind Einzelelemente der «Tradition».[8] Daneben hat es in der katholischen Kirche immer langdauernde Bräuche («Traditionen» im weitesten Sinn) gegeben, die nicht verpflichtend sind, sondern veränderlich.

Das Lehramt

7. In der Auslegung des in Schrift und Tradition überlieferten Gotteswortes kommt der theologischen Wissenschaft eine wichtige Bedeutung zu. Es verbindlich für Glauben und Leben der Kirche zu deuten, überschreitet die Möglichkeiten der Theologie. Diese Aufgabe ist dem lebendigen Lehramt der Kirche anvertraut.[9] Das Lehramt steht nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm. Es steht aber über den Deutungen des Wortes Gottes, indem es urteilt, ob eine solche Deutung dem überlieferten Sinn des Wortes Gottes entspricht oder nicht.[10]

Die Liturgie

8. In der Liturgie wird das Werk unserer Erlösung vollzogen.[11] Sie ist «der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt».[12] So vergegenwärtigt sie das «Geheimnis des Glaubens» und ist zugleich dessen vornehmste Bezeugung. Die von der Kirche anerkannten liturgischen Riten sind daher auch normative Ausdrucksformen des Glaubens, in denen die apostolische Überlieferung der Kirche erscheint.

9. Zwischen den lehramtlichen Formen der Definition des Glaubens (Regula fidei, Symbolum, Dogma) und ihrer Vergegenwärtigung in der Liturgie kann es daher keinen Widerspruch geben. Der definierte Glaube ist verbindlich für jede Liturgie, für Deutung und Neugestaltung von Liturgie.

II
ZUR GLAUBENSLEHRE ÜBER DIE SAKRAMENTE

Die Einsetzung der Eucharistie

10. Gemäß dem Glauben der Kirche hat Christus die sieben Sakramente eingesetzt. Der Begriff der Einsetzung muß nicht besagen, daß Christus in seinem irdischen Leben jedes einzelne Sakrament als solches ausdrücklich angeordnet habe. Die Kirche hat in ihrem vom Heiligen Geist geführten Erinnern, das ein Reifen über längere Zeit hin einschließen konnte,[13] erkannt, welche ihrer Zeichenhandlungen im Willen des Herrn verankert sind und daher zum Wesen ihres Auftrags gehören. Sie hat so im großen Bereich der sacramenta die «Sakramente» im engeren Sinn von den Sakramentalien zu unterscheiden gelernt: Nur die ersteren gehen auf den Herrn selbst zurück und tragen daher die besondere Wirksamkeit in sich, die aus der Einsetzung rührt.[14]

11. Die Kirche ist im Glauben gewiß, daß Christus selbst –wie es die Evangelien (Mt 26, 26-29; Mk 14, 22-25; Lk 22, 15-20) und der heilige Paulus aus apostolischer Überlieferung (1 Kor 11, 23-25) berichten– im Abendmahl vor seinem Leiden den Jüngern in Brot und Wein seinen Leib und sein Blut reichte und damit die Eucharistie einsetzte, die wirklich seine eigene Gabe an die Kirche aller Zeiten ist.[15]

12. Es reicht daher nicht anzunehmen, daß Christus im Abendmahlssaal –als Fortsetzung seiner Mahlgemeinschaft– eine ähnliche symbolische Mahlhandlung mit eschatologischem Ausblick vorgenommen habe. Es ist Glaube der Kirche, daß Christus beim letzten Mahl seinen Leib und sein Blut –sich selbst– seinem Vater dargebracht und unter den Zeichen von Brot und Wein seinen Jüngern zum Genuß gereicht hat.[16]

Das Amt in der Kirche

13. In der Berufung und Sendung der zwölf Apostel hat nach dem Glauben der Kirche Christus zugleich das Amt der Nachfolge grundgelegt, das in seiner vollen Form den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel zukommt. Das dreigestufte Dienstamt –Bischof, Priester, Diakon– ist eine in der Kirche rechtmäßig gewachsene und daher für die Kirche selbst verbindliche Form der Entfaltung des Amtes der apostolischen Nachfolge.[17] Dieses auf dem Stiftungswillen des Herrn beruhende Amt wird durch die sakramentale Weihe weitergegeben.

14. Das II. Vatikanische Konzil hält fest: Der Amtspriester vollzieht «kraft seiner heiligen Gewalt» in der Person Christi das eucharistische Opfer.[18]

Die Eucharistie und der Glaube

15. Der Heilige Geist wirkt durch den geweihten Priester und die von ihm gesprochenen Worte Christi die Gegenwart des Herrn und seines Opfers.[19]

Nicht aus eigenem Vermögen und nicht durch einen menschlichen Auftrag, etwa von der Gemeinde her, sondern nur kraft der vom Herrn im Sakrament gegebenen Ermächtigung kann das Gebetswort des Priesters wirksam den Heiligen Geist und seine verwandelnde Kraft herbeirufen. Dieses Gebetshandeln des Priesters nennt die Kirche ein Handeln «in persona Christi».[20]

Das Bußsakrament und die Schrift

16. Im Glauben weiß die Kirche und lehrt daher verbindlich, daß Christus über das Sakrament der Taufe und seine vergebende Kraft hinaus das Bußsakrament als Sakrament der Vergebung eingesetzt hat. Dieses Wissen stützt sich vor allem auf Joh 20, 22f. Auch hier kann der Priester nur aus der Vollmacht des Sakraments heraus, aufgrund seiner Weihe, «in persona Christi» sprechen und Vergebung vollmächtig vermitteln.

Schrift und Tradition

Das Verhältnis von Schrift, Überlieferung, lehramtlicher Auslegung des Glaubens und historisch-kritischer Exegese ist ja nun wahrlich kein neues Thema. Einige aufschlussreiche Überlegungen finden sich in einer Notifikation der Kongregation für die Glaubenslehre bezüglich einiger Veröffentlichungen von Professor Dr. Reinhard Meßner aus dem Jahr 2000.
Der Verfasser ist sich der Problematik des „sola scriptura“, wie es in der Reformationszeit formuliert wurde, wohl bewußt. Er anerkennt, daß die «Tradition ursprünglicher ist als die Schrift und die Schrift Teil der Tradition» (Seite 13). Aber er ist gleichzeitig überzeugt, daß alle wirkliche apostolische Tradition in der Schrift gesammelt ist und daß daher die Schrift als «nicht hinterfragbare Norm… kritische Instanz jeglicher weiteren Tradition» ist (Seite 14). «Tradition ist somit die immer neu gesprochene Verwirklichung des Kerygmas, das in ein für allemal gültiger Weise in der Schrift vorliegt» (Seite 16). Bei dieser Reduzierung der Tradition auf die kerygmatische Vergegenwärtigung der Schrift «unter den jeweiligen Denkvoraussetzungen und Lebensbedingungen» (Seite 14) ist es durchaus folgerichtig, wenn Meßner erklärt: «Das „sola scriptura” als unaufgebbarer Bestandteil des „reformatorischen Propriums” scheint mir in der skizzierten Auffassung gewahrt» (Seite 14). Es scheint in der Tat gewahrt, nicht gewahrt „scheint” jedoch die Lehre des Konzils von Trient und des Vaticanum II (Dei Verbum) über Schrift und Tradition. Meßner ist sich selber der Gefahr bewußt, daß der «Glaube dem jeweiligen Stand der theologischen Wissenschaft» (Seite 15) ausgeliefert werden könnte und daß dies vermieden werden muß. Faktisch jedoch führt seine Auffassung unvermeidlich genau zu diesem Ergebnis, denn für die Auslegung der Schrift bleibt schließlich keine andere Instanz als die wissenschaftliche Exegese. Er selber sagt dazu: «Im Konfliktsfalle ist zweifellos immer die Tradition bzw. die Theologie nach der Schrift zu korrigieren, nicht die Schrift im Licht einer späteren Tradition (oder lehramtlichen Entscheidung) zu interpretieren; letzteres würde zu einem verderblichen Dogmatismus führen» (Seite 16). Hier fällt auf, daß durch die Kopula «beziehungsweise» Tradition und Theologie gleichgesetzt oder jedenfalls auf die gleiche Stufe gestellt werden; Tradition figuriert nur als «spätere Tradition» und «lehramtliche Entscheidung» wird wiederum durch «oder» auf eine Stufe mit «späteren Traditionen» gestellt, so daß der Gehorsam diesen gegenüber wie überhaupt das Hören auf die Tradition zu verderblichem Dogmatismus führt. Es ist nicht zu sehen, wie bei dieser Einstufung von Tradition und Lehramt die Schrift anders Instanz sein könnte als durch die wissenschaftliche Exegese, die damit zur letzten Autorität erhoben wird – entgegen der erklärten Intention des Verfassers. [...]

Die Konsequenzen dieser Sichtweise von Schrift, Tradition und Lehramt werden in den Grundlegungsfragen des eucharistischen Glaubens deutlich. Daß die Tradition inhaltlich nichts verbürgen kann und uns daher den jeweiligen historischen Hypothesen überläßt, wird sichtbar, wenn Meßner über den Ursprung der Eucharistie sagt: «Was uns überliefert ist, spiegelt letztlich die katechetische Praxis der Gemeinden. Es ist also nicht möglich, eine Theologie der Eucharistie aus einem absoluten Stiftungswillen Jesu abzuleiten, der dann jede liturgische Tradition normiert» (Seite 17). Was Jesus selber wirklich wollte, wissen wir also nicht, und auf eine Einsetzung der Eucharistie durch Jesus können wir nach dieser Darstellung nicht rekurrieren. Meßner greift daher für die frühe Zeit der Kirche mit leichten Modifikationen auf die bekannte These von H. Lietzmann (Messe und Herrenmahl. 1926) zurück und glaubt für diese Periode zwei unterschiedliche Typen von «Eucharistie» feststellen zu können: zum einen «vor allem eschatologisch ausgerichtete Mahlzeiten» (im Sinn von Didache 9 und 10) und «eine liturgische Feier, die wesentlich an das Abschiedsmahl Jesu anknüpft» (Seite 27). Ausdrücklich sagt er, daß «vom urchristlichen „Brotbrechen” keine direkte Linie zu unserer Eucharistiefeier führt» (Seite 32). Zwei Verbindungen zwischen dem urchristlichen «Herrenmahl» und der Eucharistie der katholischen Kirche sieht er allerdings: «die eschatologische Ausrichtung… und die Gemeinschaft (Koinonia)…» (Seite 33). Nur das könnte man demgemäß als bis in die Frühzeit zurückreichenden wesentlichen Kern der «Eucharistie» ansehen.

Bei solchen –heute weit verbreiteten– Auffassungen wird sichtbar, daß das neue „sola scriptura” nicht die Normativität der Schrift verbürgt, die ausdrücklich in den vier überlieferten Einsetzungsberichten davon spricht, daß der Herr in der Nacht vor dem Verrat den Seinen in Brot und Wein sich selbst –Leib und Blut– schenkte und in diesen Gaben den neuen Bund begründete. Die Hypothesen über die Entstehung der Texte paralysieren das Bibelwort als solches. Umgekehrt wird sichtbar, daß Tradition in ihrem von der Kirche definierten Sinn nicht die Übermächtigung der Schrift durch spätere Lehren und Gebräuche bedeutet, sondern im Gegenteil die Gewähr dafür darstellt, daß das Schriftwort in seinem Anspruch stehenbleibt.

Im zweiten Jahrhundert erkennt Meßner dann eine «tiefe Zäsur», den «Übergang vom fundamental charismatischen, prophetischen, zentral von der Naherwartung bestimmten Christentum zur „frühkatholischen Kirche”» (Seite 17). Nun erfolgt nach Meßner ein liturgischer «Paradigmenwechsel vom urchristlichen Paradigma „Herrenmahl” zum altchristlichen Paradigma „Messe”» (Seite 42). Mit dem Schwinden der Naherwartung entsteht in der Mitte des zweiten Jahrhunderts –so erklärt uns Messner– etwas Neues, die frühkatholische Kirche, deren wesentliche Inhalte so beschrieben werden: «Es bildet sich langsam der Kanon des Neuen Testaments, es entsteht ein kirchliches Amt, das in dieser Form der Urchristenheit nicht eigen war, zur Wahrung der apostolischen Paradosis, und – das Verständnis des Gottesdienstes wandelt sich» (Seite 42). Diese Thesen sind nicht neu, wenn sie auch von der klassischen Beschreibung der konstitutiven Elemente des «Frühkatholizismus» durch Harnack, der regula fidei, Kanon und Bischofsamt zusammenordnet, durch die Herausstellung des liturgischen «Paradigmenwechsels» charakteristisch abweicht. Neu ist allenfalls, daß diese klassische Vision protestantischer Dogmengeschichtsschreibung hier als katholische Theologie vorgetragen und mit einem tiefgehenden Bruch im sakramentalen Zentrum der Kirche verbunden wird, wobei zur Änderung dieses Zentrums nicht nur die Umformung vom Herrenmahl zur Messe, sondern –damit verbunden– die Bildung des priesterlichen (bischöflichen) Amtes als Grundelement der neuen Gestalt von «Eucharistie» gehört. Obwohl Meßner von einem deutlichen Bruch in der Geschichte von Glaube und Liturgie ausgeht, will er doch das Neue nicht als Verrat am biblischen Zeugnis gewertet wissen (Seite 43ff.), sondern erkennt ihm –so wie es erstmals bei Hippolyt vorliegt– eine gewisse Normativität zu, an der er dann die Entwicklungen des Mittelalters, das Konzil von Trient und die Theologie Luthers mißt. Daß er dabei das Mittelalter und Trient im wesentlichen nur als Mißverständnis und Abstieg beurteilen kann, braucht nicht zu verwundern. Viel tiefer reicht die These des doppelten Bruchs in der Geschichte des Glaubens, der hier statuiert wird: zwischen Jesus und der charismatischen Urkirche zunächst, zwischen dieser und der frühkatholischen Kirche dann.

Marx

Hans D. Barbier und Frank Schirrmacher sprechen (in der FAZ, 1,50 EUR) mit dem Trierer Bischof Reinhard Marx "über Werte, die unter Druck geraten". Was damit gemeint ist, fasst der Perlentaucher so zusammen: zur katholischen Soziallehre, Hartz IV und demografischen Verwerfungen der nahen Zukunft.

Moralisten

Aus dem Manifest des Relevanten Realismus, das vier Schriftsteller heute in der Zeit veröffentlichen ("Was soll der Roman?"):
"Relevanz. Wir leben nicht auf den Schultern, sondern auf den versatzstückhaften Trümmern von Riesen, doch was da von manchen als postmodernes Spiel des Anything goes betrieben wird, ist nach wie vor todernst: Erzählen ist die verkappte Äußerungsform des Moralisten, ausgeübt mit dem Pathos dessen, der darin nicht etwa nur der Lust zu fabulieren frönt, sondern sich der Pflicht entledigt, Zeitgenossenschaft aus der Mitte seiner Generation heraus zu betreiben, von einem ästhetischen Standpunkt aus, der immer auch ein moralischer ist. Wer als Kritiker die existenzielle Dimension der Literatur nicht einklagt und stattdessen weiterhin das Lob der Bastelware singt, macht sich mitschuldig an der grassierenden Irrelevanz, die unser kulturelles Leben lähmt." [via Perlentaucher]

Girard

Mit dem Wort von der Diktatur des Relativismus hatte Joseph Ratzinger in seiner letzten Predigt als Kardinal schon seine päpstliche Agenda anklingen lassen. Nun bin ich erstaunt, dass ausgerechnet die Zeit (namentlich Thomas Assheuer) bereits vor Ostern die Dinge ganz ähnlich auf den Begriff gebracht hatte, als sie von dogmatischem Relativismus sprach.

In der gleichen Ausgabe der Wochenzeitung war ein Interview mit René Girard zu lesen. Der Religionsphilosoph hat sich nach der Wahl Benedikts XVI. in einem (seinerzeit von Ralf entdeckten) Welt-Interview mit der an Rüttgers gemahnenden Überschrift "Das Christentum ist allen anderen Religionen überlegen" erneut zu Wort gemeldet:
"Der Relativismus greift immer weiter um sich. Und es gibt immer mehr Leute, die jede Art von Glauben hassen. Besonders an den Universitäten ist das der Fall - und es schadet dem intellektuellen Leben. Weil es keine objektive Wahrheit gibt, werden alle Wahrheiten gleich behandelt - und das zwingt einen, banal und oberflächlich zu bleiben. Man kann sich nicht wirklich einer Sache verschreiben, für etwas sein - auch nicht für kurze Zeit. Wie Ratzinger glaube ich jedoch fest an die Hingabe an eine Sache. Wir sind beide davon überzeugt, daß die Verantwortung verlangt, daß wir uns einer Position verschreiben und sie zu Ende führen."
Ich kann hier nicht alles zitieren, was zitabel wäre. Zu unserem vorgestrigen Thema sagt Girard:
Der Postmodernismus ist drastisch, wenn er sagt, es gebe keine absoluten Werte, keine allgemeingültige Wahrheit, und daß Sprache die Wahrheit niemals wiedergeben kann. Wie auch Papst Johannes Paul in der Enzyklika, die Sie erwähnten, nimmt Papst Benedikt den Kampf auf, indem er gegen diese Mode des Unglaubens in der heutigen Welt und besonders in Europa angeht. Wie Johannes Paul II weiß er aus persönlicher Erfahrung, daß eine Gesellschaft ohne Religion vor die Hunde geht. Und er zögert nicht, dies zu sagen. Ich hoffe, diese Botschaft findet ihren Nachhall. Seine Herausforderung des Relativismus ist nicht nur für die Kirche und Europa wichtig, sondern für die ganze Welt.
Eindeutig auch seine Antwort auf die Friedman-Frage:
Warum sollte man Christ sein, wenn man nicht an Christus glaubt? Paradoxer Weise sind wir in unserem Relativismus derart ethnozentrisch geworden, daß wir es in Ordnung finden, wenn andere - aber nicht wir selbst - ihren Glauben als überlegen ansehen!
René Girard: Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz. Eine kritische Apologie des Christentums. Hanser, München. 253 S., 21,50 EUR.

Das Heilige und die Gewalt. Fischer, Frankfurt/M.

Mittwoch, Juni 22, 2005

John Fisher und Thomas Morus

FISHER, John, Bischof von Rochester und Kardinal, Heiliger, * um 1459 in Beverley (Yorkshire), † (enthauptet) 22.6. 1535 in London, beigesetzt im Tower. - F. studierte an der Universität Cambridge und wurde dort 1487 Bakkalaureus, 1491 magister artium, 1497 Beichtvater der Königinmutter Lady Margaret, 1501 Dr. theol. und Vizekanzler, 1503 Professor der Theologie und 1504 Kanzler der Universität Cambridge und Bischof von Rochester. F. war neben Thomas Morus (s. d.) der bedeutendste Humanist seiner Zeit. Er stand mit Johannes Reuchlin (s. d.) in Verbindung und war ein Freund des Erasmus von Rotterdam (s. d.). F. zählte zu den schärfsten Gegnern Martin Luthers (s. d.) in England und hielt 1521 bei der öffentlichen Verbrennung von Lutherschriften in London die Rede. Der Ehescheidung Heinrichs VIII. (s. d.) von Katharina von Aragonien widersprach er heftig, verfiel darum der Ungnade des Königs und wurde im April 1534 im Tower eingekerkert. Während seiner Gefangenschaft erhob ihn Paul III. (s. d.) am 20.5. 1535 zum Kardinal. Das Suprematsgesetz von 1534 erklärte den König zum Oberhaupt einer von Rom losgelösten, eigenständigen Kirche. Da er den Suprematseid verweigerte, erlitt F. den Märtyrertod für den römischen Katholizismus. Er wurde am 20.12. 1886 selig- und am 19. 5. 1935 heiliggesprochen. Sein Fest ist der 22. Juni.
Quelle: Bautz

Dienstag, Juni 21, 2005

Untergang

Vielleicht ein guter Zeitpunkt für einen kurzen Rückblick. Das neue Technorati zeigte mir heute dieses Zitat:
"Der westeuropäische Protestantismus wird dem Untergang geweiht sein, wenn sich nicht bald eine Bewegung bemerkbar macht, die mit der Reformation des 16. Jahrhunderts vergleichbar ist."
Es stammt von keiner Geringeren als Isabelle Graessle, der Leiterin des Genfer Museums der Reformation. Und es rief mir ein anderes Zitat in Erinnerung:
"Sydneys anglikanischer Erzbischof Peter Jensen hat die Idee des klassischen Protestantismus für 'weitgehend tot' erklärt. Der Erzbischof rief in einer Rede vor dem Kirchenrat von New South Wales 'alle Christen' auf, sich mit der römisch-katholischen Kirche in einem 'Protestantismus des Gewissens' gegen den 'säkularistischen Humanismus' als 'gemeinsamen Feind' zusammenzutun. Das Etikett 'Protestantismus' sei passend, so Jensen, solange es für ein 'durch die Bibel geformtes Gewissen' stehe. Der letzte Beweis für das Ende des Protestantismus alter Prägung sei die Hochzeit zwischen dem britischen Thronfolger Prinz Charles und Camilla Parker-Bowles, sagte der anglikanische Erzbischof. Jetzt werde eine königliche Hochzeit wegen eines Papstbegräbnisses verschoben: 'Eine unausweichliche Entscheidung, aber sie markiert das Ende des protestantischen England'."
Natürlich bleibt dies nicht unwidersprochen. Doch gehen wir noch einmal zurück zum Start. Das dritte Zitat stammt von mir und diagnostiziert ebenfalls das Ende des Protestantismus:
"Seine ursprünglichen Anliegen sind erfüllt, seine intellektuelle Kraft erschöpft. Was bleibt, ist nur noch Häresie. Wäre nicht 2017 ein guter Termin, die Reformation ad acta zu legen?"

Klar, es mangelt an begrifflicher Schärfe der Unterscheidung zwischen Protestantismus, Anglikanismus, Reformierten, Lutheranern und Freikirchlern. Es gibt aber durchaus einen gemeinsamen Punkt, was die Krise der evangelischen und anglikanischen Kirchen betrifft: Diese Kirchen sind aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus Staatskirchen (Landeskirchen deutscher Prägung unterscheiden sich nur graduell) und damit auf die Unterstützung seitens des Gemeinwesens angewiesen. Darin unterscheiden sie sich fundamental von der katholischen Kirche - denn die wird auch in Deutschland nicht untergehen, wenn sie keine Körperschaft des öffentlichen Rechts mehr sein kann.

Postmoderne

Ralf gibt uns den guten Rat, die fruchtlose Debatte bleiben zu lassen. Seine messerscharfe Analyse:
"Der Protestantismus in seiner mehrheitlich real existierenden Variante diesseits der Alpen (und diesseits des Teiches) ist postmodern par excellence. Da ist jeder auf sich selbst gestellt vor Gott, jeder allein. Es gibt keinen wirklich gemeinsamen Glauben bei zwei sich treffenden Personen, der über einen KGN (Matheunterricht der Grundschule, na?) hinausgeht. Nun ist Christus als KGN ja schon mal einiges, aber wenn man sich über dessen ganz real-leibliche Wirkung im Jahr 2005 nicht einigen kann, bleibt Er doch sehr entweder bloß eine Gestalt der Historie oder der privaten Frömmigkeit.

Es ist ein Hauptmerkmal der Postmoderne, daß sich jeder absolut allein weiß oder fühlt, auch allein vor Gott."

Schön und tröstlich ist, was er im Anschluss an diese Worte schreibt. Danke!

Formlosigkeit

35.000 Motorradfahrer kamen am Sonntag zur Hamburger Michaeliskirche, wo ein Motorrad-Gottesdienst stattfand. Das Hamburger Abendblatt schildert die Szenerie:
Motorräder. Überall Motorräder. Die Fahrgäste in der U 3 an der Haltestelle Rödingsmarkt gucken aus den Fenstern, staunen über die Armada von schweren Maschinen. Ost-West- und Ludwig-Erhard-Straße - eine einzige riesige Motorradmasse.

Und irgendwo dazwischen steht Claudia Dörrheide (20) aus Maschen. Ganz vorn beim Michel hat ihr Freund Andreas Knappmann (29) seine Harley auf der Straße geparkt. Eine Fatboy, eine ganz dicke Maschine. Noch kann Claudia Dörrheide die nicht selbst fahren. Sie macht gerade ihren Motorradführerschein. Zusammen mit ihrem Freund wartet sie darauf, daß der 40 Kilometer lange Konvoi nach Kaltenkirchen startet. Zum Gottesdienst in den Michel gehen die beiden nicht. Glaubt sie überhaupt an Gott? "Nein. Mir geht es um das Drumherum. Das ist super, die Masse an Motorrädern und Menschen", sagt sie.
Das Echo darauf ertönt heute aus der Süddeutschen Zeitung:
"Gerhard Matzig rät der Kirche davon ab, mit Bikermessen und Seglergottesdiensten dem Zeitgeist hinterher zu hecheln. 'Dadurch betreiben sie auf einer formalen Ebene genau das, was Kirche eben nicht ausmacht - das Geschäft der Formlosigkeit.'" [via Perlentaucher]

Sartre

Wolf Lepenies in der Welt:
"War Jean-Paul Sartre der 'größte Philosoph des 20. Jahrhunderts', wie seine Bewunderer behaupten? Oder wurde, wie ein Kollege spottete, sein philosophisches Hauptwerk, 'Das Sein und das Nichts', nur deshalb ein Erfolg, weil das Buch exakt ein Kilo wog und den Pariser Lebensmittelhändlern als Gewichtsersatz diente? Ich glaube weder das eine, noch das andere - wie ein Pariser Publizist im 17. Jahrhundert antwortete, als man ihn fragte, ob der Kardinal Mazarin tot oder noch am Leben sei. Man muss nicht alles von Sartre lesen, wie Bernard-Henri Levy fordert - aber man kann auf die Lektüre Sartres nicht verzichten, wenn man die Irrungen und Wirrungen der europäischen Intellektuellen im 20. Jahrhundert verstehen will." [via Perlentaucher]

Montag, Juni 20, 2005

Jungkonservativ

Matthias Matussek schreibt die ungehaltene Wahlkampfrede eines jungen Konservativen (im Spiegel 23/2005, 0,50 EUR):
Wir müssen nun aber in die Tiefenschichten hinunter und an die Fundamente heran und dort verschüttete Wahrheiten neu fördern.

Zum Beispiel die, dass Menschen nicht gleich sind. Sie waren es nie. Und da wir eine christliche Partei sind, will ich Ihnen von der Bibel sprechen. Die Bibel ist ein Dokument der Ungleichheit. Gott liebt die einen, die anderen nicht. Gerechtigkeit? Die wird fürs Jüngste Gericht versprochen, vorher ist sie nicht zu haben. Hören Sie nicht auf unsere Parteifreunde aus den Sozialausschüssen. Heiner Geißler hat die Bibel grotesk missverstanden.

Die Bibel ist eine einzige Streitschrift gegen den interventionistischen Staat. Ja, sie beginnt mit der Vertreibung aus dem Sozialstaat, dem Paradies. Die Menschen sind auf sich gestellt. Das Manna, das Gott später einmal vom Himmel regnen lässt, bleibt eine Ausnahme, und er bereut sie prompt.

Die Bibel schützt das Privateigentum ausdrücklich bereits in den Zehn Geboten. Doch auch das Neue Testament macht Frieden mit dem System. Jesus lobt den klugen Investor, der sein Geld vermehrt, und er schilt den Angstsparer, der es vergräbt. Steuern kommen im Neuen Testament nicht als Umverteilungsinstrument vor, sondern als lästige Pflicht (,Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist'). Ökonomisch also ist die Bibel purster Thatcherismus." Zwischenruf: "Lesen Sie doch mal die Bergpredigt!"

Der Konservative lächelt dünn: "Die Nächstenliebe, die Bergpredigt? Nun, werter Herr Geißler, Nächstenliebe heißt nicht, dass man in Talkshows herumsitzt und den politischen Gegner beschimpft oder den Vatikan, sondern dass man in einer Armenküche Kartoffeln schält. Jesus hat nicht nach dem Staat gerufen, sondern sich vor seinen Jüngern hingekniet und ihnen die Füße gewaschen.

Nachtrag: Mehr von Matussek, insbesondere aus dem demographischen, familien- und wertepolitischen Teil der Rede, bei Petra.

Blutleer

Google führte mich eben in die Tiefen des Forums von ekd.de. Ein paar interessante Einsichten, Hervorhebungen von mir:
Ich lebe nämlich auch in einer ziemlich katholischen Ecke und nehme die Eucharistie weniger als theologische Fragestellung wahr als im liturgischen Vollzug - und zwar aus der Perspektive desjenigen, der hinten sitzenbleiben und zugucken darf. Das ist schmerzlich, aber es verschafft Gelegenheit zu mancherlei Betrachtungen, was ich auch als sehr bereichernd empfinde.

So erscheint mir die dogmatische Seite des Problems ziemlich blutleer. Da schleppen wir jede Menge Ballast aus der Zeit des 4. Laterankonzils (1215) bis hin zum Augsburger Bekenntnis (1530) und darüber hinaus mit uns herum. Die Frage, ob und in welcher Weise Christus in (ggf. auch mit und unter) Brot und Wein gegenwärtig sei, hat uns den Blick auf ein paar wesentliche Punkte verstellt. Vor allem ergibt sich aus den Einsetzungsworten in ihrer ältesten, bei Paulus (1. Kor. 11) überlieferten Fassung, daß nicht Leib und Blut, sondern Leib und Bund einander gegenübergestellt werden. Das führt uns von Brot und Wein weg hin zu dem, der sie austeilt. Es geht ja eigentlich nicht um Christi Gegenwart in den Elementen, sondern in der Gemeinschaft der Gläubigen. Nicht das Brot, sondern Christus selbst ist nämlich eigentlich dieser Leib, zusammen mit denjenigen, die mit ihm feiern. Insofern führt die ontologische Engführung, die uns seit Jahrhunderten so sehr zu schaffen macht, auf eine schiefe Ebene. Mit dem Blick auf die Mahlgemeinschaft, um die es eigentlich geht, geht auch der Blick auf die Gemeinschaft der Kirche verloren. Man verweigert einander nicht die Teilhabe an Christus, sondern spricht einander ab, Christi Leib zu sein.

Jesus und seine Anhänger hätten sich für derlei Quisquilien wohl kaum interessiert. Für die war es völlig klar, daß man - Brot hin, Wein her - nicht einer Person gedenken kann, ohne sie damit zu vergegenwärtigen.

Wie gesagt, ziemlich blutleer. Zumal alle im Vollzug dann doch das Gegenteil dessen tun, was sie lehren. In der katholischen Kirche wird gelehrt, daß beim Sprechen der Einsetzungsworte Brot und Wein sich in Christi wahrhaftigen Leib und Blut verwandeln. Eigentlich ist das ein Geschehen, das zwischen Gott und dem Priester ausgehandelt wird. Die Einsetzungsworte sind dabei echte Konsekrationsworte. Evangelische Pfarrer/innen dagegen können die Wandlung bestenfalls konstatieren. Ihre Einsetzungsworte haben also eher Verkündigungsfunktion.

Und was bekommt man zu sehen? Der katholische Pfarrer steht hinter seinem Tischaltar und spricht die Einsetzungsworte mit Blick auf die Gemeinde, als habe er ihr die wahrhafte Gegenwart Christi einfach nur zu verkünden. Der evangelische Pfarrer steht meistens (außer in moderneren Kirchen) von der Gemeinde weg nach vorn gewendet, als habe er nicht zu verkündigen, sondern zu konsekrieren.

Meistens nehmen es also die Kirchen im liturgischen Vollzug mit ihrer eigenen Lehre gar nicht so genau. Eigentlich gute Voraussetzungen, um sich über das Abendmahl entspannter und gelassener zu unterhalten, als es oft geschieht. Voraussetzung dafür ist natürlich, daß man nicht immer bloß über die anderen redet, sondern auch mal ihre Gottesdienste besucht.
Dazu 1 Kor 11, 23-29:
Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.

Hoerster

Hoersters Bucht ist prägnant, bringt aber nichts Neues. Die argumentative Haltlosigkeit der Gottesbeweise ist unter Philosophen eine Selbstverständlichkeit. Wo der Handschuh, den er in Richtung Theologie wirft, landen soll, bleibt unklar. In der Nähe von Küng, Spaemann, Ratzinger/Benedikt XVI. vielleicht. Oder vor dem Münchner Theologie-Professor Armin Kreiner, der mit einem der wichtigsten jüngeren Versuche, die Existenz Gottes trotz der Übel in der Welt zu beweisen, hervorgetreten ist. Vermutlich wird er vor dem Schemen eines seiner Internats-Lehrer des westfälischen Jesuitenordens landen, der für die theologische Prägung Hoersters zuständig war.

In seiner Angriffslust bleibt Hoerster „religiös unmusikalisch“ (wie sich Habermas nennt). Für alles vag Transzendente oder Gefühlige der Religion hat er keinen Sinn. Durch die Engführung auf die rationale Beweisbarkeit Gottes macht er es sich nicht nur einfach, sondern verpasst auch den Dialog mit den Theologen. Dabei gibt es viel Gesprächsbedarf. Die Verständigung zwischen Habermas und Ratzinger vor einem Jahr war allzu freundlich und nach der Papst-Wahl könnten sich Ratzingers „religiös verkapselte Bedeutungspotenziale“ der theologischen Tradition plötzlich doch noch öffnen.

Der Vatikan wagt sich mit seiner arroganten Kritik an der Moderne weit aus dem Fenster, seine Vernunftkritik ist fahl und die hygienische Forderung nach wechselseitiger „Reinigung“ von Glaube und Vernunft scheint glaubenskongregatorisch heuchlerisch. Doch wenn die Philosophen zeigen wollen, dass die Vernunft nicht nur eine instrumentalisierte ist, sondern Grundlage unseres Lebens, dann müssen sie die religiösen Bedürfnisse ernst nehmen und mit postmetaphysischer Vernunft einen humanen Vertrauens- und Trosthorizont schaffen, vor dem ein Leben gut, ja besser sein kann, als eines, das in einem bequemen Glauben verharrt, der oft genug eine leere oder aber machtkonsolidierende Geste bleibt.

Aus einer Rezension von Oliver Müller

NORBERT HOERSTER: Die Frage nach Gott. C.H. Beck, München 2005. 125 Seiten, 9,90 Euro.

Chateaubriand

Der Mensch verfehlt sich beständig, „man ist enttäuscht, ohne genossen zu haben, . . . man wohnt mit einem vollen Herzen in einer leeren Welt, und ohne sich an etwas gewöhnt zu haben, ist man bereits alles Möglichen entwöhnt.“ Und warum? Weil der zwischen Vernunft und Begierde gefangene Mensch nach einer Glückseligkeit verlangt, die es nicht gibt; und da ihn dieses unmögliche Verlangen niemals verlässt, da „die Güter der Erde nur in die Seele graben und ihre Leere vergrößern, so muß man schließen, dass es etwas über der Zeit gebe . . . Die Vorsehung hat jenseits der Grenze einen Reiz verlegt, der uns anzieht.“ Weil es also den Himmel, die unsterbliche Seele und Gott wirklich gibt, sehnt der Mensch sich nach Glück und erleidet das Unglück.

Wie glaubhaft ist angesichts dieser unstillbaren Trauer die Beteuerung, das Christentum habe „immer in allem das Bestmögliche geleistet“, keine andere Religion enthalte „soviel Poesie und Humanität in sich“ und sei „der Freiheit, den Künsten und Wissenschaften so hold wie die christliche“? Wie passen solche Hymnen zum Eingeständnis des späten Chateaubriand, er sei „tugendhaft ohne Genugtuung“? Friedrich Sieburg, sein Biograph, spricht von der „Konstruktion eines Kulturchristentums“ – und hat damit zum Teil Recht. Chateaubriand will von der ästhetischen Überlegenheit des Christentums, der Schönheit der Gottesdienste und christlicher Themen in Malerei und Dichtung auf eine weltanschauliche Überlegenheit schließen. Dahinter aber verbirgt sich ein pädagogisches Konzept: Der Mensch als potentieller Zerstörer seiner Lebensgrundlagen braucht eine Instanz, vor der er sein Tun rechtfertigt, damit er weder an sich verzweifelt noch die Mitmenschen schädigt. Diese Instanz muss seinem Zugriff entzogen, kann also nur Gott sein. Glücklicher wird man dadurch nicht, wohl aber produktiver, schöpferischer, freier.

Aus einer Rezension von Alexander Kissler

FRANCOIS-RENÉ DE CHATEAUBRIAND: Geist des Christentums. Herausgegeben von Jörg Schenuit. Morus Verlag, Berlin 2004. 780 Seiten, 49,80 Euro.

Requiescat in Pace

Holger Peter Sandhofe

* 07. Januar 1972
+ 24. Mai 2005

Requiem aeternam dona ei, Domine.
Et lux perpetua luceat ei.

Sonntag, Juni 19, 2005

Dogma

Dogma (from the Greek, dokein). Original definition and application in classical antiquity: ‘that which seems good.’ As employed in Christian theology, revealed truth ‘that is of God.’

“Philip said, ‘Lord, show us the Father, and we shall be satisfied.’ Jesus said to him, ‘Have I been so long with you, and yet you do not know me, Philip? He who has seen me has seen the Father’.”

“The world is redeemed by the patience of God. It is destroyed by the impatience of Man.” (Benedict XVI)

[...]

According to the biblical narrative of Man’s impatience with God and Man’s inhumanity to Man, things have been out of kilter from time immemorial. The church at least used to understand this. Orthodox Christianity, Eastern and Western alike, Catholic and Protestant alike, when still rooted and grounded in God’s Word Written (Holy Scripture) and God’s Word Incarnate (the Person of Christ) has always understood this. The perennial philosophy of credal Christendom traditionally reflected this. Even classical, pre-modern mathematics presupposed this! Such math was about God, too!

But the “new” math” is not so “new”. When I was an undergraduate at The University of the South (when that Christian liberal arts institution was still residually rooted in the trivium and quadrivium) its Vice Chancellor was Edward McCrady, scion of an old Charleston family, scientist, classicist, Episcopal lay theologian, polymath, who was still holding the line in the face of the 300 year-old process of replacing determinate numerical values with symbolism and its Humpty Dumpty consequences, beginning with René Descartes.

Dr. McCrady was among the truth tellers about the emperor’s “new” or “symbolic” clothes! Those “new clothes” reflect the subjective concept of Number as no longer tied to things out there, no longer descriptive, no longer a way of counting the “many” – the multitude of God-given actualities – no longer reflective of a reality extra nos, outside of ourselves or our own minds, but rather a symbolic “calculus” of self-invention, so that even Zero is now conceived as a Number yet does not, of course, identify any number of things!

Since Descartes, mathematics, like everything else, reflects his dictum Cogito, ergo sum: “I think therefore I am.” Or, as the former Joseph Cardinal Ratzinger often put it: “Reality” has become what Man “simply thought up.” Or again, as the erudite Dr. McCrady, in uncharacteristic lingo, once said about Zero: “There ain’t no such thing.” Or, for that matter, as Flannery O’Connor expostulated about the “symbolic” understanding of Holy Communion: “If it’s symbolic, I say to hell with it!” If so for the sacrament, so also for math!

In contrast to human self-invention, credal Christianity affirms dogma about God the Creator and Man made in God’s image but, because of sin, self-wounded, self-shattered, self-destroying.

Dogma is the opposite of the impatience of Man, of Adam, to make the world over on his own subjective terms, by his own power, by projecting himself, in Man’s not God’s image. Dogma is the opposite of the post-Cartesian impatience to “master” nature, the impatience that leads to the modern world’s cultures of death. Dogma is the opposite of the human impatience that leads to what the new pope has called “the dictatorship of relativism”. Dogma is the opposite of the impatience that wants to say “anything goes” or that there are as many options of salvation as may satisfy the diversity of our multi-cultural longings and lusts. Credo in unum Deum is the opposite of Cogito, ergo sum.

Dogma defines and reflects the patience of God over the long haul, redemption by the One who alone can create ex nihilo and redeem from nihilism, who has the “patience” that expresses itself in the “passion” with which Christ endures the wilderness, sets his face towards Jerusalem, surrenders his own will in the Garden of Gethsemane, carries his Cross on the Via Dolorosa, sheds his blood and implores his Heavenly Father’s forgiveness for his crucifiers, even for us, from that Cross, descends from that Cross to the tomb and thence to the darkness of the place of departed spirits, hell itself, and who there awaits the power of God’s own Spirit to be raised and to return to His Father in Heaven, bearing the marks of his patience and his passion in our human flesh, transfigured and glorified in light eternal.

Serial self-inventor that he was, André Malraux learned the futility of impatience only at long last, at his own lonely death: “It should have been otherwise.” But those who have witnessed the inauguration of Benedict XVI have the advantage of being reminded by the dogma of credal Christianity that salvation is not symbolic, that the Way, the Truth, and the Life are of God in Christ, Crucified and Risen, and that the destruction of the world by Man’s impatience can be, is, and ever shall be “otherwise” for those who receive redemption through the patience and passion of the God-Man, Jesus.

Aus: IN PRAISE OF DOGMA, or: ZERO IS NOT A NUMBER
God’s Math, Man’s Fate, and the New Pope

Based on a sermon by the Very Reverend William N. McKeachie
For Alvin Kimel, Fellow Declarationist of Dogma!


Zitiert vom Pontificator, der übrigens eine neue, mir sehr sympathische Adresse im weltweiten Gewebe hat... [Hervorhebung von mir]

12. Sonntag im Jahreskreis

Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.
Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet am hellen Tag, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern.
Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann.
Verkauft man nicht zwei Spatzen für ein paar Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters.
Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.
Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.
Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.
Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.
Mt 10, 26-33

Freitag, Juni 17, 2005

Alleinstellungsmerkmal

Hermann-Josef Zoche ist Augustiner-Pater und Unternehmensberater. Entsprechend klare Vorstellungen hat er von der heutigen Lage der Kirche:
"Das Problem heute sei, 'dass die eigenen Produktanbieter ein erheblicher Risikofaktor geworden sind', meinte Zoche. 'Sie halten selbst nichts von dem Produkt, sie untergraben die Firmenethik und –philosophie, sie stellen die Autorität der Vorgesetzten in Frage, treten mit selbstgemachten Dumpingpreisen auf und bieten das Produkt unter Preis an, oder sie verlassen die Firma unter dem Applaus derer, die das Produkt eigentlich 'brauchen''." [kath.net]
Yep.

Hermann-Josef Zoche, Bernhard Meuser: Die Jesus AG.

Donnerstag, Juni 16, 2005

Platzende Kragen

Martin Mosebach und Wolfgang Huber sprachen am vergangenen Dienstag im Berliner Literaturhaus über Literatur und Theologie. Der Perlentaucher referiert einen Bericht von Gustav Seibt in der Süddeutschen, demzufolge Huber wie folgt der Kragen geplatzt sei:
"Was mich stört, ist, dass Sie, um sich in der Liturgie zu Hause zu fühlen, einen Feind brauchen."

Falls jemand nachlesen möchte...

Mittwoch, Juni 15, 2005

Christus, die offenbare Wahrheit

Drei Punkte sind es, die sich in den zum Teil erhitzten Debatten der letzten Wochen als strittig gezeigt haben:
  1. Gibt es eine Wahrheit und können wir sie erkennen? Oder können wir uns ihr nur annähern - mit der Konsequenz, dass sich auch von widersprüchlichen Aussagen nicht sagen lässt, welche wahr und welche falsch ist?
  2. Wie bestimmt sich das Verhältnis von Schrift und Tradition?
  3. Und was hat die Kirche damit zu tun? Wozu brauchen wir sie überhaupt?
Alle drei Fragen hängen eng miteinander zusammen. Ich glaube nicht nur, dass es eine Wahrheit gibt, die zugleich Weg und Leben ist (Joh 14,16), sondern auch, dass diese Wahrheit sich selbst uns Menschen offenbart hat. Sie hat sich uns gezeigt (und zeigt sich uns noch). Im Unterschied zur Wissenschaft, wo wir uns daran gewöhnt haben, dass alles vermeintliche Wissen nur hypothetisch ist und darauf wartet, durch neue Erkenntnisse widerlegt zu werden, handeln wir hier von einer offenbaren Wahrheit (Christus), die aus eigenem Antrieb auf uns Menschen zugegangen ist, und von einem Wort (Joh 1,1), das wir gehört haben.

Wie kommt die Wahrheit zu uns? Sie muss uns gesagt werden, wir müssen sie hören, wir können sie nicht von alleine finden. Von wem wird sie uns gesagt? Von den Aposteln, die sie selbst empfangen und überliefert haben (1 Kor 15,3), und ihren Nachfolgern. Der Gedanke der Nachfolge ist im Begriff der Überlieferung bereits enthalten. Die Überlieferung (=Tradition) der Wahrheit ist ein höchst aktiver Vorgang. Ihr Zweck und Ziel ist nicht, ein Bündel toter Glaubenssätze zu übermitteln, sondern einen lebendigen Glauben im Heiligen Geist - unter dessen Mitwirkung aus der Überlieferung heraus die Heilige Schrift entstand.

Diese drei Elemente (Geist, Überlieferung und Schrift, alle drei heilig genannt) lassen sich nicht voneinander trennen: Ohne Heiligen Geist ist die Überlieferung tot und bleibt die Schrift unverstanden; ohne Heilige Überlieferung wird der Geist zum leiblosen, flatterhaften Wesen und die Schrift zum toten Buch; ohne Heilige Schrift verliert die Überlieferung ihr Maß und der Geist sein Kind.

Insofern ist es falsch, die Schrift von der Traditition zu trennen (sola scriptura) oder die Gewichte so zu Lasten der Tradition zu verschieben, dass sie auf eine dienende Rolle unterhalb der Schrift reduziert wird. Eher dient die Schrift der Tradition als umgekehrt!

Die Kirche beruht auf allen drei Elementen (Geist, Überlieferung, Schrift). Sie ist am Pfingsttag durch den Heiligen Geist entstanden; sie überliefert im Heiligen Geist die Wahrheit (Christus), die sie selbst empfangen hat; sie hat die Schrift kanonisiert und legt sie im Heiligen Geist aus. Ihre Mittel sind die Sakramente, sie lebt von Leib und Blut Christi, und sie ist selbst ein Sakrament (Leib Christi). Christus selbst baut die Kirche (Mt 16,18), er selbst sendet den Geist der Wahrheit (Joh 15,16). Deshalb ist die Kirche der Wahrheit (Christus) verpflichtet.

Nur daraus erklärt sich auch die Unfehlbarkeit der Kirche: Denn könnte die Kirche sich in der Überlieferung der Wahrheit irren, dann hätten wir tatsächlich keine Möglichkeit, die Wahrheit zu kennen. Dann aber wäre die Offenbarung gescheitert. Die Wahrheit hätte sich uns Menschen zwar gezeigt, aber wir Menschen hätten sie (entgegen der Zusicherung in Mt 28,20) wieder verloren. In dem Falle allerdings wäre das Christentum hinfällig, denn was braucht uns eine Wahrheit zu kümmern, die sich uns nicht offenbart?

Es lässt sich also durchaus sagen, dass falsch ist, was im Gegensatz zur Wahrheit steht. Es muss sogar gesagt werden, wenn wir uns nicht selbst den Boden wegziehen wollen, auf dem wir stehen. Nicht anders haben es die großen Konzilien gehalten, wenn sie erkannte Irrlehren auch als solche bezeichnet und damit verworfen haben.

Dienstag, Juni 14, 2005

Hocus-Pocus

"I find it very difficult to take some of the Protestant propositions even seriously. What is any man who has been in the real outer world, for instance, to make of the everlasting cry that Catholic traditions are condemned by the Bible? It indicates a jumble of topsy-turvy tests and tail-foremost arguments, of which I never could at any time see the sense. The ordinary sensible sceptic or pagan is standing in the street (in the supreme character of the man in the street) and he sees a procession go by of the priests of some strange cult, carrying their object of worship under a canopy, some of them wearing high head-dresses and carrying symbolical staffs, others carrying scrolls and sacred records, others carrying sacred images and lighted candles before them, others sacred relics in caskets or cases, and so on. I can understand the spectator saying, 'This is all hocus-pocus'; I can even understand him, in moments of irritation, breaking up the procession, throwing down the images, tearing up the scrolls, dancing on the priests and anything else that might express that general view. I can understand his saying, 'Your croziers are bosh, your candles are bosh, your statues and scrolls and relics and all the rest of it are bosh.' But in what conceivable frame of mind does he rush in to select one particular scroll of the scriptures of this one particular group (a scroll which had always belonged to them and been a part of their hocus-pocus, if it was hocus-pocus); why in the world should the man in the street say that one particular scroll was not bosh, but was the one and only truth by which all the other things were to be condemned? Why should it not be as superstitious to worship the scrolls as the statues, of that one particular procession? Why should it not be as reasonable to preserve the statues as the scrolls, by the tenets of that particular creed? To say to the priests, 'Your statues and scrolls are condemned by our common sense,' is sensible. To say, 'Your statues are condemned by your scrolls, and we are going to worship one part of your procession and wreck the rest,' is not sensible from any standpoint, least of all that of the man in the street."

G. K. Chesterton, zitiert vom Pontificator

Bekenntnis

"Mein Blog ist für mich ein bisschen wie ein Zuchtmittel oder eine gerade Linie: es hält mich am Thema, lässt mich immer wieder neu meine Gedanken und meine Überzeugungen neu formulieren. Dazu braucht es allerdings Material; das gewinne ich mir als jemand, der gerne und viel liest, oft aus Büchern und Artikel, aus Diskussionsforen insgesamt eigentlich selten, gelegentlich kommt es aber doch vor. Dass ich in dem konkreten Fall eine Diskussion in diesem einen Forum reflektiere, ist sicherlich auch darin begründet, dass mein Ausstieg daraus erst einige Tage alt ist; ganz bin ich also sicherlich noch nicht gelöst. Wobei mein Ausstieg sich nicht auf dieses eine Forum beschränkt, ich habe mich auch andernorts (mykath) abgemeldet.

Mein Blog ist nun sicherlich kein Ersatz für solche Diskussionsforen, nicht für mich, und sicherlich nicht für andere. Tatsächlich hatte ich auch schon erwogen es offline zu nehmen; denken kann ich auch, wenn keiner meine Gedanken liest; neben allerlei menschlicher Schwäche, die für das online-Dasein meiner Linie spricht, spricht noch etwas anderes dafür: es hat für mich zwar keinen Diskussions-, dafür aber Bekenntnischarakter. Ich schreibe über Dinge, zu denen ich mich bekenne. Aus diesem Grunde habe ich auch ein Impressum in mein Blog eingefügt; ein Bekenntnis ohne Kenntnis der Person, die es ablegt, erschiene mir leer. Mein Blog ist, wenn Du so willst, passend zum Fest des gestrigen Tages meine ganz persönliche Fronleichnamsprozession. Ich trage meinen Glauben unter den Himmel des Blogmos. Ich bekenne ihn. Ihn zu diskutieren hat für mich seinen Reiz weitgehend verloren. Ich diskutiere schließlich auch nicht mit anderen über die Liebe zu meiner Frau."

Erich über sein Blog

Lilien

Leider einen Tag zu spät gesehen: Der Shrine of the Holy Whapping klärt uns darüber auf, was der Hl. Antonius von Padua mit Lilien zu tun hat.

Bush

Wir alten Europäer geben uns gern Illusionen über die USA hin. Wir verstehen nicht, warum ein George W. Bush zum Präsidenten gewählt und vier Jahre später wiedergewählt wird. Sehr aufschlussreich ist, was dazu der ehemalige ARD-Korrespondent und heutige ZDF-Moderator Claus Kleber zu sagen hat. Aus einer Rezension im Deutschlandfunk:
"Bush stützt sich auf die religiöse Mitte seines Landes. Eine gute Ausgangsbasis, da 80 Prozent der Amerikaner bekennen, an Gott zu glauben, und mehr als 60 Prozent sogar erklären, dass Religion in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielt - vier Mal so viel wie in Deutschland. Kleber schreibt dazu:
Diese Zahlen zeigen so deutlich wie die Messgeräte texanischer Ölprospektoren, wo Schätze zu holen sind: Durch das kulturelle Fundament Amerikas zieht sich eine Goldmine, eine Art soziales Edelmetall, das auf die Säuren und Laugen täglicher Nachrichten und Sachdebatten nicht reagiert. Seine Lagerstätten sind am stärksten dort, wo religiöse Werte tief verwurzelt sind.
Bush junior hob das Gold in den Herzen. Der bekennende Evangelikale fand nach Alkoholexzessen und Misserfolgen erst spät auf den rechten Pfad zurück. Mit seiner tief empfundenen Religiosität spricht er die 'neue moralische Mehrheit' an. Und die besteht keinesfalls nur aus ungebildeten, rechten Eiferern, wie Kleber betont.
Diese Mitte ist viel religiöser, viel konservativer, als wir uns das von Amerika vorgestellt haben. Amerika war für uns ja immer ein Land der Moderne, und säkular, postreligiös zu sein, ist Teil der Moderne - nicht in Amerika. Amerikaner sind der Ansicht, dass man sehr wohl Hightech und moderne Formen von Business finance verbinden kann mit ganz altmodischen und fraglosen Wertordnungen, und daher kommt Bush."

Claus Kleber: Amerikas Kreuzzüge. Was die Weltmacht treibt. Verlag C. Bertelsmann, 288 Seiten, 19,90 EUR.

Montag, Juni 13, 2005

Modern Mood

"The Catholic Church is the only thing which saves a man from the degrading slavery of being a child of his age. [...] We do not really want a religion that is right where we are right. What we want is a religion that is right where we are wrong. In these current fashions it is not really a question of the religion allowing us liberty; but (at the best) of the liberty allowing us a religion. These people merely take the modern mood, with much in it that is amiable and much that is anarchical and much that is merely dull and obvious, and then require any creed to be cut down to fit that mood. But the mood would exist even without the creed. They say they want a religion to be social, when they would be social without any religion. They say they want a religion to be practical, when they would be practical without any religion. They say they want a religion acceptable to science, when they would accept the science even if they did not accept the religion. They say they want a religion like this because they are like this already. They say they want it, when they mean that they could do without it."

G. K. Chesterton, zitiert vom Pontificator

Simply the Truth

"It is impossible to be just to the Catholic Church. The moment men cease to pull against it they feel a tug towards it. The moment they cease to shout it down they begin to listen to it with pleasure. The moment they try to be fair to it they begin to be fond of it. But when that affection has passed a certain point it begins to take on the tragic and menacing grandeur of a great love affair. The man has exactly the same sense of having committed or compromised himself; of having been in a sense entrapped, even if he is glad to be entrapped. But for a considerable time he is not so much glad as simply terrified.

It may be that this real psychological experience has been misunderstood by stupider people and is responsible for all that remains of the legend that Rome is a mere trap. But that legend misses the whole point of the psychology. It is not the Pope who has set the trap or the priests who have baited it. The whole point of the position is that the trap is simply the truth. The whole point is that the man himself has made his way towards the trap of truth, and not the trap that has run after the man. All steps except the last step he has taken eagerly on his own account, out of interest in the truth; and even the last step, or the last stage, only alarms him because it is so very true.

If I may refer once more to a personal experience, I may say that I for one was never less troubled by doubts than in the last phase, when I was troubled by fears. Before that final delay I had been detached and ready to regard all sorts of doctrines with an open mind. Since that delay has ended in decision, I have had all sorts of changes in mere mood; and I think I sympathise with doubts and difficulties more than I did before. But I had no doubts or difficulties just before. I had only fears; fears of something that had the finality and simplicity of suicide. But the more I thrust the thing into the back of my mind, the more certain I grew of what Thing it was. And by a paradox that does not frighten me now in the least, it may be that I shall never again have such absolute assurance that the thing is true as I had when I made my last effort to deny it."

G. K. Chesterton, zitiert vom Pontificator

Sieg der Erkenntnis

Die Tagespost zitiert Joseph Card. Ratzinger (aus der Januarausgabe 2000 der italienischen Zeitschrift 30 Giorni):
"Im Christentum ist die Vernünftigkeit Religion geworden und ist nicht mehr ihr Gegner. Damit das geschehen konnte, damit sich das Christentum als Sieg der Entmythologisierung, als Sieg der Erkenntnis und so der Wahrheit verstehen konnte, musste es sich notwendig als universal betrachten und zu allen Völkern gebracht werden: Dies nicht als spezifische Religion, welche die anderen in einer Art von religiösem Imperialismus zurückdrängt, sondern als eine Wahrheit, die den Schein überflüssig macht. Und es ist gerade das, was in der weiten Toleranz der Polytheismen notwendig als untolerierbar, sogar als Feind der Religion, als 'Atheismus' erscheinen musste... Es störte deshalb vor allem die politische Nützlichkeit der Religionen und gefährdete die Grundlagen des Staates, in dem es nicht eine Religion unter anderen, sondern der Sieg der Intelligenz über die Welt der Religionen sein wollte."

Wohlgemerkt: Hier geht es um das Christentum an sich, nicht etwa um den Katholizismus... Der Artikel, an dessen Beginn das obige Zitat steht, trägt den Titel "Der Papst und die Krise Europas".

Ökumene der Frommen

Tagespost-Kommentator Guido Horst über eucharistische Gastfreundschaft:
"Wenn 'Kirche von unten' zur eucharistischen Gastfreundschaft aufruft, Katholiken und Protestanten bei Gottesdiensten der anderen Konfession den Empfang des Abendmahls oder der Eucharistie einfordern, dann hat das nichts mit Ökumene zu tun. Es sind Symptome einer Glaubenskrise, deren Auswirkungen von der Gedankenlosigkeit der einen bis zum offenen Ungehorsam der anderen reichen. Aber es gibt auch eine 'Ökumene der Frommen'.

Und diese ist zu unterscheiden von der oft falsch verstandenen 'Ökumene der Masse'. Als Frère Roger Schütz beim Trauergottesdienst für Johannes Paul II. aus der Hand von Kardinal Ratzinger die Kommunion empfing, wussten beide, was sie tun. Der evangelische Gründer der Gemeinschaft von Taizé glaubt an die Eucharistie, wie das die Katholiken tun. Und Ratzinger wusste, dass der verstorbene Papst Frère Roger immer wieder zur Kommunion eingeladen hatte. Jemand hatte sich und seinen Glauben geprüft, ein anderer hatte gesagt: Komm, sei unser Gast. In dieser Selbstprüfung und Ausdrücklichkeit ist das etwas ganz anderes als das unüberlegte Strömen zum gemeinsamen Abendmahl, wo es vielen mehr um das Gefühl oder den triumphierenden Gestus kirchlichen Ungehorsams geht.

Papst Benedikt XVI. hätte nicht die Ökumene zu einer der vordringlichen Aufgaben seines Pontifikats erklärt, wenn er nicht entschlossen wäre, die 'Ökumene der Frommen' entschieden voranzutreiben."

Ich möchte nicht den ganzen Kommentar zitieren, aber empfehle, ihn in Gänze nachzulesen. Im letzten Absatz spricht Guido Horst noch knapp den Petrusdienst an...

Leben ohne Sex

Ein Wettbewerbsbeitrag von Petra.

Was ist Kirche?

fono spricht Klartext. Und andere ebenso:
"Bischof Gerhard Ludwig erklärte, durch die Reformation sei 'eine ganz andere Kirche' entstanden. Zu den Kirchen und Gemeinschaften, die aus der Reformation hervorgingen, gebe es tatsächlich 'eine gewaltige Kluft, die sich nicht so leicht schließen lässt'. Der Regensburger Oberhirte betonte den Zusammenhang zwischen der Gemeinschaft mit Christus und der Gemeinschaft mit der Kirche. Diesen Zusammenhang ständig in Frage zu stellen, bedeute die Basis der Wahrheit zu unterlaufen. Außerdem kritisierte Bischof Gerhard Ludwig die in diesem Zusammenhang häufig anzutreffende Haltung der Gleichmacherei. 'Wenn alles gleich ist, ist es unmöglich zu begründen, warum es einen dreieinigen Gott gibt und wir uns nicht auf die Idee eines allgemeinen Göttlichen einigen', so der Regensburger Bischof. Der öffentliche Druck, alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu reduzieren, führe zu einer 'Entkernung des katholischen Glaubens, zersetze seine Grundlagen und mache dadurch die ökumenischen Bemühungen überflüssig'."

Antonius von Padua


„Ich will, dass du den Brüdern die heilige Theologie darlegst, jedoch so, dass weder in Dir noch in ihnen der Geist des Gebets ausgelöscht wird, gemäß der Regel, die wir versprochen haben.“
Der hl. Franz von Assisi an Antonius von Padua

Samstag, Juni 11, 2005

11. Sonntag im Jahreskreis


Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.
Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.
Mt 9,37 - 10,1

Freitag, Juni 10, 2005

Frei schwebend

«Du willst den Geist Christi haben? So sei im Leib Christi. Du kannst den Geist nicht frei schwebend haben, sondern es ist der Geist des Leibes Christi, und wenn du den Geist willst, wenn du Pneumatiker sein willst, musst du dir zuerst die Verdemütigung des soma widerfahren lassen.»
Augustinus (zit. nach Reinhold Bärenz: Es geht nicht nur ums Geld. Pastoraltheologische Perspektiven zu Kirchenaustritt und Kirchenzugehörigkeit, SKZ 7/1998.)

Lehren

Ephräm der Syrer gilt als Kirchenlehrer. Benedikt XV. hat dies 1920 festgestellt. Kirchenlehrer klingt irgendwie altmodisch, und mancher nimmt die Lehre der Kirche eher als Bedrohung seiner individuellen Freiheit wahr.

Heute morgen fiel mir ein Lied ein, das im katholischen Gesangbuch Gotteslob nur noch ein Schattendasein fristet. Meine Diözese hat es nicht einmal mehr in den Bistumsanhang aufgenommen. Und trotzdem kann ich mich lebhaft daran erinnern, wie dieses Lied bei bestimmten Gelegenheiten im gut besetzten gotischen Dom, der meine Heimatkirche ist, gesungen wurde. Ohne Gesangbuch schmetterten da die Katholiken diese Zeilen, die Orgel brauste dazu, der Organist konnte alle Register ziehen, die er ziehen wollte, ohne den Gesang damit zu übertönen (wie es heute meistens geschieht).
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
Ich will die Kirche hören!
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
Und folgsam ihren Lehren!
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad'
In seine Kirch' berufen hat,
Nie will ich von ihr weichen!
Eine Variante, die sich heute mancher nicht mehr zu singen getraut, lautet so:
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
Ich will die Kirche hören!
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
Und folgsam ihren Lehren!
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad'
Zur wahren Kirch' berufen hat,
Nie will ich von ihr weichen!
Wenn 700 Menschen aus voller Kehle solche Zeilen singen, ist das ein liturgisches Ereignis, das selbst abgebrühten Kritikern Gänsehaut verursacht. (Wenn auch aus anderen Gründen.)

Vor ein paar Jahren traf ich nach der Osternacht, in der dieses Lied gesungen wurde, einen akademischen Menschen, der mir bekannte, er könne diesen Text nicht ehrlichen Herzens mitsingen: Dass sein Taufbund immer fest stehen solle, sei er zu versprechen nicht in der Lage.

Ich möchte hinzufügen: Wer will denn die Kirche hören? Ist nicht vielmehr die Kirche diejenige, die zu hören hat? Wer möchte allzeit gläubig und folgsam ihren Lehren sein? Modern ist doch, wer seinem eigenen Stern folgt. (Vom Dank für die Berufung zur wahren Kirch' einmal ganz zu schweigen...)

Donnerstag, Juni 09, 2005

Erblindung

Weil fono in seinem informativen Blog gerade den Anfang aus einem Kommentar der Welt zitiert, zitiere ich den Schluss:
"Der Mut zur Differenz, zur ethischen Begründung ist die wichtigste Haltung zu Beginn dieses Jahrtausends. Es darf wieder gestritten werden: mit Kulturen und Religionen, die uns herausfordern, über technische Entwicklungen, die unser Menschenbild in Frage stellen. Der kalte, bequeme Relativismus des 'anything goes' befriedigt längst kaum noch jemanden. Er beantwortet keine Fragen, will sie nicht einmal gestellt sehen.

Die offene Gesellschaft entdeckt derzeit, daß sie geschlossene Fragen nach Familie, Werten, Religion und Menschenbildern beantworten darf. Dies geht nur mit Menschen und Institutionen, die über 'richtig' und 'falsch' streiten können und wollen. Eine Gesellschaft, die dies verweigert, erblindet."
(Möchte noch jemand den Mittelteil übernehmen?)

Schon erstaunlich, wie hier offenkundig Agendasetting by Pope gelungen ist.

Kein Symbol

Und wie es gerade so passt:
"Die Hostie ist kein 'Symbol' für Christus, sondern – o Schreck! – sie ist Christus."

KATH.NET-Gedanken über „Morgengedanken“ zu Fronleichnam.

Störungen

Peter erfreut nicht nur durch den feinen Gebrauch französischer Anführungszeichen. Er bringt die Dinge auch sehr subtil und dennoch klar auf den Punkt, wenn er schreibt (in seiner Nachberichterstattung zum Meisner-Interview):
"Ich komme auf die Nachbarn zurück. Es hatte sich eigentlich in der Folge unseres Gesprächs vom Samstag noch eine kleine Diskussion über das Eucharistieverständnis und die Ökumene im allgemeinen ergeben. Vielleicht ist es doch fruchtbar, einige trennende Ansichten offensiv anzusprechen. So zollten die Nachbarn dem Kardinal immerhin Respekt: «Wenigstens sagt er, was er denkt.»

Und darum geht’s doch, oder? Auch wenn es vielleicht etwas peinlich ist, sich im Alltag über religiöse Unterschiede zu unterhalten. Dann bekennt man doch lieber mit der kirchengemeinde aus V. im Rheinland: «Wir lassen uns doch vom Kardinal unsere schöne Ökumene nicht stören!»

Auch nicht durch ökumenische Gespräche, meine ich."

Ephräm der Syrer


Ephräm bedient sich bei seinem fruchtbaren Schaffen hauptsächlich der gebundenen Rede. Die sangbare Poesie der Madroshé (in ihrer Zeilenzahl und Zahl ihrer Silben variierende Strophen mit Refrain) und die nicht sangbare Mimré (metrischen Reden, Zeilen aus 2 x 7 Silben ohne Strophengliederung) nehmen hierbei eine hervorragende Stellung ein. Die sangbare Poesie der Madrashè Ephräms ging wohl auf einen früheren Gelehrten jener Region zurück. Bardaisan hatte in solcher Form seine Lehre verkündet, welche von der späteren Kirche als Häresie bekämpft wurde. Ephräm übernimmt diese Form der Dichtung samt ihrer spezifischen Form der Melodie. Er gründet Choralschulen mit Jungen und Mädchen, um die christliche Lehre besser zu verbreiten. Diese mutige aber sehr erfolgreiche Erfindung fasste dann im Osten wie im Westen Fuß. Papst Benedikt XV. sagte darüber: „Wir können bestätigen, dass die Choräle und Rhythmen der liturgischen Gesänge auf Ephräm zurückgehen“.

Die politische Lage sowie das unduldsame Nebeneinander von heidnischen Kulturen, Judentum und Christentum, und die verschiedenen christlichen Bekenntnisse im römisch-persischen Grenzgebiet fordern Ephräm heraus, die eigene Position zu erläutern und zu verteidigen. Immer wieder besingt er das Geheimnis der erlösenden Zuwendung Gottes zu allen Menschen. Er fordert die Bildung von Geist und Leib und mahnt zur konsequenten Umsetzung von theologischen Einsichten in christliche Lebensgestaltung, da ihm ein ausschließlich grübelndes Untersuchen der Größe Gottes unangemessen erscheint.

Ephräm gilt als „der größte Dichter der Väterzeit“. Er hat die syrisch-aramäische Literatur in Form und Inhalt geprägt. Immer noch werden seine Werke in liturgischer Form in den syrischen, armenischen, koptischen, griechischen und sogar in russischen und slawischen Kirchen wiedergegeben. Schon früh fanden seine Werke Einzug in die Liturgie. Schon rund zwei Jahrzehnte nach dem Tode Ephräms fanden seine Werke gottesdienstliche Verwendung. Im 5. Jahrhundert ging man sogar soweit, die Texte des Evangeliums zu löschen und an deren Stelle die Hymnen Ephräms zu schreiben. Ein solches Manuskript wird unter dem Titel „Codex Ephräm“ in der Bibliothek zu Paris aufbewahrt.

Bis zu seinem Tode führt Ephräm seine Tätigkeit als Lehrer, als Exeget, als Polemiker, als Prediger und als religiöser Dichter fort. Zu Edessa in Mesopotamien entschläft Ephräm am 9. Juni 373, zur Zeit des Kaisers Valens.

Aus der Wikipedia